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Der „honighaarige“ Bosie
Foto: Meyer Originals

Auf die Schönheit!

26. Mai 2011

Kay Link verhandelt den „Fall Oscar Wilde“ - Theater am Rhein 06/11

Eine Zigarette mit nachlässiger Eleganz in der abgeknickten Hand, blasiert über den Dingen stehend und immer einen geistreichen Aphorismus auf den Lippen – so glaubt man ihn zu kennen: Oscar Wilde, Dandy, Lebemann, erfolgreicher Dramatiker und prominentes Opfer der rigiden, schwulenfeindlichen Gesetzgebung im viktorianischen England. Kay Link untersucht im Freien Werkstatt Theater den „Fall Oscar Wilde“, unternimmt aber nicht einmal den Versuch, dieses Bild zu hinterfragen oder neu zu bestimmen. Im Gegenteil.

Schon das Casting scheint unter Typgesichtspunkten stattgefunden zu haben, so sehr gleichen die Schauspieler ihren historischen Vorbildern. Oscar (immer etwas selbstgefällig: Andreas Bittl) trägt natürlich eine rosafarbene Nelke im Knopfloch und farblich dazu passende Strümpfe. Sebastian Kolb als sein „honighaariger Junge“ Lord Alfred Douglas, genannt Bosie, ist ganz reizend anzuschauen. Und Marius Bechen in einer Doppelrolle zeigt britische Gentlemen vom Schlage Hugh Grants.

Im Mittelpunkt des Stücks, das Link gemeinsam mit Dramaturgin Inken Kautter geschrieben hat, stehen die Prozesse, die gegen Wilde wegen seiner Homosexualität angestrengt wurden. Das Autorenduo hat die – auf den echten Protokollen beruhenden – Gerichtsszenen geschickt mit Ausschnitten aus Wildes Stücken, Briefen und Prosatexten collagiert. Und natürlich: Aphorismen, so viel das Herz begehrt. Etwa: „Die Moral ist immer die letzte Zuflucht der Leute, welche die Schönheit nicht begreifen.“ So kreist das Stück achronologisch und in Wiederholungen um das Verhältnis von Liebe, Schönheit und Kunst, Leben und Werk. Herrlich schräge, klamaukige Einschübe – drei Jungs im Fummel spielen eine Szene aus „Bunbury“ nach – kommen dabei leider viel zu selten vor. „Der Fall Oscar Wilde“ soll beispielhaft stehen für die Homophobie einer bigotten Gesellschaft. Solch kritisches Bewusstsein ist löblich. Doch das Bemühen, die Perspektive zu öffnen, sei es durch Diaprojektionen etwa von Jeff-Koons-Bildern oder einer Szene mit Alan Turing, der noch in den 1950ern wegen homosexueller Beziehungen verurteilt wurde, bleibt viel zu zaghaft. Der Abend sei all denen empfohlen, die gerne elegante Raucher beobachten und Oscar-Wilde-Zitate mögen.

„Ein langer süßer Selbstmord. Der Fall Oscar Wilde“ von Inken Kautter und Kay Link R: Kay Link I Freies Werkstatt Theater | Fr 10.,Fr 17., Sa 18., Di 21., Mi 22., Do 30.06. je 20 Uhr I 0221 32 78 17

SANDRA NUY

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