Richtig lustig wird er bestimmt nicht, der September 2009: Das Land ist mit Wahlplakaten zugepflastert, bei deren Anblick sich so manches Frühstücksbrötchen im Magen bemerkbar macht, im Fernsehen jagt ein abgekartetes Polit-Duell-Geschwätz das andere, und Deutschlands Kabarettisten stellen sich angesichts der Bundestagswahl am 27. September vorübergehend tot, um Kraft für die Zeit danach zu sammeln, in der sie flugs ihre Programme umschreiben müssen – oder auch nicht. Ziemlich gelassen dürften vor allem die Merkel-Imitatoren und -innen sein. Die brauchen sich mit einiger Sicherheit kein neues Parodie-Opfer drauf zu schaffen, sondern können wie in den vergangenen vier Jahren ruckartig ihre Ärmchen heben und die Mundwinkel runterziehen.
Eine der wenigen, die sich ein Wahlkampf-Kabarett ausgedacht haben, sind Martin Maier-Bode und Thilo Seibel mit „Die Mutter aller Wahlen“: Am 22. und 23. tritt das Duo im Theater 509 (Bürgerhaus Stollwerck) auf und stellt sich den wirklich drängenden Fragen eines jeden Bundesbürgers. Etwa denen, welche Koalition geht und welche gar nicht, und wie es die FDP schaffen will, Steuersenkungen und Konjunkturprogramme zu realisieren und gleichzeitig die Staatsverschuldung abzubauen. Möchte doch wirklich jeder wissen.
Wissen möchte man aber auch, was die Damen in der neu eröffneten Comedia in der Kölner Südstadt, die auf Einladung der blonden Frau Jahnke (am 19.) anreisen, zur Lage der Nation zu sagen haben. Als da sind: Carmela de Feo, die sich kurz „Signora“ nennt und im hochgeschlossenen Schwarzen nicht nur Männer zur Raserei bringt, Eva Eiselt, ehemaliges Mitglied des Kabarett-Duos Top Sigrid, die auch als Solistin reüssiert, die Hamburgerin Käthe Lachmann, deren riesiges Talent in kongruenter Beziehung zu ihrer Sensibilität steht, und die urkomische Krissie Illing, die zusammen mit Mark Britton als Nickelodeon abgeräumt hat.
Dass die beiden zu den vielen (wirklich sehr vielen!) Gästen gehören, die die Benefiz-Gala des Senftöpfchen Theaters im Kölner Opernhaus bereichern, ist kein Zufall, gehören sie doch zu jenen Künstlern, die Alexandra Kassen im Laufe ihres Prinzipalinnen-Daseins engagiert hat. Der 50. Geburtstag des Hauses wird eine denkwürdige Feierlichkeit mit Kleinkunst-Größen, deren Namen weit über Kölns Grenzen hinaus bekannt sind. Basta und Becker, von Hirschhausen und Kreis, Rogler und Schmickler, von der Lippe und Zink, von Sinnen und Bach werden das sanierungsbedürftige Haus am Offenbachplatz am 13. September zum Satire-Tempel umfunktionieren – und der reizend behüteten Theaterbesitzerin so einen Rahmen verleihen, der ihre Verdienste um die Übernahme der Spielstätte nach dem Tod ihres Mannes Fred Kassen im Jahr 1972 angemessen würdigt.
Dieser hat bereits zu Lebzeiten „Das Senftöpfchen-Lied“ geschrieben. Die erste Strophe geht so: „Die ganze große Welt/ in einem kleinen Töpfchen Senf/ Sie sahen eben selbst/ wie gut das geht." choices schließt sich der Gratulationscours von ganzem Herzen an – und wünscht dem Theater viele weitere Jahre bei bestem Humor! Und dass die Künstler weiterhin ihren Senf zu allem geben. Das wünscht sich auch ganz doll die Ihnen stets ergebene
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