Open Air-Kinos gibt es in Köln reichlich. Viele davon spielen die Arthousehits der letzten Saison nach. Ökonomisch gesehen ist das nachvollziehbar und der ein oder andere Kinofan wird sich außerdem freuen, einen übersehenen Film doch noch auf großer Leinwand sehen zu können. Das ist die Pflicht des sommerlichen Freiluftkinos. Die Kür der Open Air-Kinos glänzt hingegen mit thematisch kuratierten Filmreihen. Seit Jahren weiß die Filmbar auf dem Dach des Museum Ludwig mit solchen Specials zu begeistern. Und in diesem Jahr, in dem die Filmbar ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, glänzt sie gleich zweifach. Denn das Thema der Filmreihe lautet, angelehnt an die Ausstellung „Gesellschaftsbilder, Künstlerporträts und Modefotografien des 20. Jahrhunderts“ (bis 4.9. im Museum Ludwig): „Sternstunden des Glamour“.
Im Jahr 2010 bezog sich die Filmauswahl auf die damalige Ausstellung „La Bohème/Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts“, im Jahr 2009 präsentierte man noch unabhängig vom Museum ein spannendes Paket mit B-Movies, die inzwischen allesamt zu Klassikern wurden. B-Movie und Glamour – das ist sicher eine große Spannbreite. Denn der echte Glamour ist ganz oben am Sternenhimmel zu finden, nicht bei den kleinen Sternchen. Und so strahlen uns bei dieser Reihe die ganz großen – Marlene Dietrich, Ava Garnder, Audrey Hepburn und Marilyn Monroe – von der Leinwand an. „Glamour ist ein Zauber, den jeder durchschaut und den nur die Snobs verachten“, charakterisiert der Pressetext das Spannungsfeld, das die glamouröse Inszenierung im Film ähnlich wie in der Popmusik zwischen Spiel und Ernsthaftigkeit entfaltet. Nur wenige verwechseln die Bilder auf der Leinwand mit der Wirklichkeit, trotzdem lassen sich die meisten mit voller Hingabe auf das Spiel ein. Das dürfte bei den Vorführungen in der Filmbar auch nicht schwer fallen, wenn über den Dächern der Stadt, den Dom im Rücken, die Divas um die Wette strahlen.
Den Anfang macht Marlene Dietrich zusammen mit Gary Cooper in „Sehnsucht (Desire)“ von Frank Borzage aus dem Jahr 1936. Dietrich verkörpert eine Diva, die für den Erhalt ihres Glanzes stiehlt und betrügt. Dafür benutzt sie den naiven Tom. Es folgt der zehn Jahre später inszenierte Film „Rächer der Unterwelt - The Killers“ von Robert Siodmak mit Ava Gardner und Burt Lancaster, in dem ebenfalls ein Mann einer Frau verfällt, die sein Unglück ist. Mit „Sunset Boulevard“ drehte Billy Wilder 1950 zusammen mit William Holden, Erich von Stroheim, Buster Keaton und Gloria Swanson als fallende Diva den Abgesang auf den Hollywoodtraum schlechthin. Wesentlich komischer ist George Cukors Komödie „Let's make love“ (dt: „Machen wir's in Liebe“), um einen reichen Unternehmer (Yves Montand), der so gerne glamourös wäre. Den Neureichen-Makel will er abstreifen, um einer armen Schauspielerin (Marilyn Monroe) zu gefallen. Behaftet mit der Melancholie vergangener Tage erzählt Stanley Donens „Two for the Road“ (dt: „Zwei auf gleichem Weg“, 1967) mit Audrey Hepburn und Albert Finney von einer verblassten Liebe und ihrem glänzenden Anfang. Claude Chabrol widmete sich 1975 mit „Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen“ natürlich der dunklen Seite des Themas. Yves Saint Laurent hat die Hauptdarstellerin Romy Schneider symbolträchtig eingekleidet. In Federico Fellinis „8 ½“ flankieren Marcello Mastroiani, Claudia Cardinale und Anouk Aimée die eindrucksvoll visualisierten Selbstzweifel des italienischen Regisseurs.
Das Programm (Einlass jeweils um 20.30, Beginn ca. 21 Uhr):
Fr. 5.8.: Sehnsucht (OmU)
Sa. 6.8.: Rächer der Unterwelt (OmU)
Fr. 12.8.: Boulevard der Dämmerung (OV)
Sa. 13.8.: Machen wir's in Liebe (OV)
Fr. 19.8.: Zwei auf gleichem Weg (OV)
Sa. 20.8.: Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen (deutsche Fassung)
Fr. 26.8.: Von der Sehnsucht nach Glanz und Gloria (Kurzfilmprogramm der SK Stiftung)
Sa. 27.8.: Achteinhalb (deutsche Fassung)
Filmbar 2011: „Sternstunden des Glamour“
Open-Air-Kino a. d. Dachterrasse d. Mus. Ludwig, b. Regen im Filmforum Museum Ludwig
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