Annie Clark alias St. Vincent verbreitet auf ihrem dritten Album „Strange Mercy“ eine opulente Stimmung. Ihre multiinstrumentelle Musik wirkt mit den Melodien einerseits klassisch und erinnert an die 70er Jahre. In Sachen Sound hat die Musikerin aber immer wieder Überraschungen parat, die zuweilen avantgardistisches Feeling verströmen (4AD). Das neue Album von Wolves in the Throne Room ist zwiespältig. Die postrockigen Black Metaler aus den Wäldern um Olympia, Washington, öffnen sich mehr und mehr anderen Stilen: So tauchen neben den obligatorischen Gitarrenwänden echter Gesang und Synthesizer auf. Mal ist das sehr gelungen, mitunter landen sie damit aber leider auch bei pathetischem Progrock (Southern Lord). Baby Dee, eine gute Freundin von Marc Almond, David Tibet und Anthony Hagerty, spielt Harfe und Klavier und singt dazu. Auf dem Doppelalbum „Baby Dee goes down to Amsterdam dam dam“ hört man genau das: 29 Solostücke, auf denen sie ihren theatralen, eindringlichen Gesang musikalisch selbst begleitet (Tin Angel).
„Monkeytown“, das neue Album von Modeselektor, versammelt eine Reihe bekannter Gäste, von Thom Yorke über Otto von Schirach zum Anti Pop Consortium. So unterschiedlich die Gäste, so unterschiedlich sind die Tracks. Das macht das Album zu einem wenig geschlossenen Produzentenwerk – mal Rave, mal Hip Hop und mal frickeligere Electronica. Im Einzelnen klasse, als Ganzes nicht immer überzeugend (Monkeytown Rec.). Der Kölner Technoproduzent und Labeleigner (Background, Yore)Andy Vaz legtmit „Straight Vacationing“ sein zweites Album vor. Im Gegensatz zu seinen früheren Minimaltracks sind die an klassischem Detroit- und Chicagohouse geschulten Stücke melodiebetont, Flächen und Acidelemente sind omnipräsent (Yore). In den 90er Jahren hat der Technoproduzent Wolfgang Voigt stilbildende Minimalkonzepte realisiert. Dann war er vornehmlich als Eigner des Labels, Vertriebs und Ladens Kompakt beschäftigt. Im letzten Jahr hat er mit „Klaviermusik“ eindrucksvoll seine Beschäftigung mit der klassischen Moderne eingeläutet, nun folgt mit „Kafkatrax“ die literarische Version, denn rezitierte Kafkatexte bilden die Basis der Stücke und entfalten im Loop eine surreale Stimmung (Kompakt). Brand Bauer Frickwerden mit ihrem zweiten Album „Mr. Machine“ zum zehnköpfigen Ensemble, das die elektronischen Stücke des ersten Albums mit klassischen Instrumenten neu einspielt und zwei Coverversionen und zwei neue Stücke hinzufügt. Zwischen Neuer Music, Jazz und handgemachter Clubmusik bewegen sich die Resultate (!K7).
Die Tuareg-Band Tinariwen um Komponist Ibrahim Ag Alhabib gibt es mit Unterbrechung seit den frühen 80er Jahren. Seit zehn Jahren kennt man die ehemaligen Tuareg-Krieger auch in der westlichen Welt: Ihre afrikanische Folklore versetzen sie mit dem Sound der E-Gitarre – auf dem neuen Album sind Gäste von TV on the Radio und Wilco dabei (V2).
Das Kölner Improvisations-Duo dus-ti besteht aus dem Trompeter Pablo Giw und dem Drummer Mirek Pyschny. Letzterer gibt meist einen schlichten, mal stoischen, mal federnden Rhythmus vor, während der Markus Stockhausen-Schüler Giw seinem Instrument elektronisch verzerrte Sounds entlockt, die mitunter an Mats Gustafsson erinnern (Aktivraum). In der Vinyl-only-Reihe „Old News“ von Jim O'Rourkepräsentiert die #6 die sich über vier Seiten erstreckende Komposition „all that's cold is new again“ – ein elektronisches Stück mit Elementen der Musique Concrète, das zwischen Noise und Drones aus dichten Klangschichten und detailreichen, ruhigen Parts wechselt (Mego).
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