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„Der Angeber“ von Malcolm St. Clair
Foto: Förderverein Filmkultur Bonn e.V.

Ohne Worte

31. Juli 2014

Die Internationalen Stummfilmtage sind selber schon ein Klassiker – Festival 08/14

Das ist ein ordentliches Jubiläum für ein Filmfestival: Die Internationalen Stummfilmtage feiern die 30. Ausgabe! 1985 von Matthias Keuthen und Stefan Drößler, dem heutigen Leiter des Münchner Filmmuseums, zunächst als Bonner Sommerkino gegründet, widmete man sich von Anfang an dem Stummfilm. Doch erst seit 1995 wurden ausschließlich Stummfilme gezeigt. Seitdem firmiert das vom Förderverein Filmkultur Bonn e.V. veranstaltete Bonner Sommerkino auch unter dem Namen Internationale Stummfilmtage.

Für die 30. Ausgabe der Internationalen Stummfilmtage haben die Veranstalter in Zusammenarbeit mit Archiven aus aller Welt ein vielseitiges Programm zusammengestellt. Hier steht Slapstick neben Agitprop, Gesellschaftskomödie neben Drama, Experimentelles neben dem großen Epos und Klassiker neben Neuentdeckungen. Bei freiem Eintritt und mit musikalischer Live-Begleitung werden über 20 Filme – teilweise ganz frisch digital restauriert – open air im Arkadenhof der Bonner Universität gezeigt. Zum Auftakt gibt es Malcolm St. Clairs „Der Angeber“ aus dem Jahr 1926. Die Verfilmung eines Broadway-Hits begleitet einen Mann, der mit seiner Angeberei beinahe seine ganze Familie ins Elend stürzt. Als Vorfilm gibt es Charlie Chaplins „The Rink“ von 1917. Die Stars des Slapstick sind natürlich mehrfach vertreten: Buster Keaton ist in „Der Boxer“ von 1926 zu sehen. Mit Karl Valentins „Valentin auf der Festwiese“ von 1920 ist sogar eine frühe deutsche Komödie im Programm. Frühe Animationsfilme, u.a. von Walt Disney („Oswald in Afrika“, 1928) treiben die entfesselte Schwerkraft der Slapstick-Komödie auf die Spitze. Ernstere Töne schlägt „Ich klage an“ von Abel Gance („Napoleon“) an. Der 1919 realisierte, 190-minütige Film enthielt echte, im Ersten Weltkrieg von Gance aufgenommene Kriegsszenen und gilt als einer der ersten Antikriegsfilme der Geschichte. Auch klassisches Genrekino wird bei den Stummfilmtagen gefeiert: Mit „Der Schrecken von London“ ist ein früher Film von Suspense-Meister Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1926 zu sehen. Abenteuerfilme wie „Die Seeteufel“ (Frank Lloyd, 1924) und „Der Stärkste“ (Alf Sjöberg, 1929) sind frühe Blockbuster um tollkühne Seefahrer. „Der Student von Prag“, ein Gruselfilm von Stellan Rye und Paul Wegener, gilt hingegen als weltweit erster Kunst- und Autorenfilm. Auch Wsewolod Pudowkins letzter Stummfilm von 1932 – das Ehedrama „Ein einfacher Fall“ – ist vor allem wegen seiner visuellen Stilmittel in die Filmgeschichte eingegangen.

Die Internationalen Stummfilme sind auch ein Ort, um in Gesprächen und Vorträgen in die Materie der frühen Filmgeschichte, aber auch Fragen zu Restauration und Rekonstruktion historischer Werke einzusteigen. Die Sonntagnachmittage sind reserviert für praxisnahe Vorträge mit Filmbeispielen und Einblicken in Filmhistorie und -technik im LVR-Landesmuseum Bonn. Neben der Auseinandersetzung mit Vor- und Frühformen des Kinos wird dort an Hand von Filmfragmenten, Dokumenten und Fotos die Rekonstruktion der sechsteiligen Serie „Homunculus“ von Otto Rippert unter der Leitung von Stefan Drößler vorgestellt. Die ungewöhnliche Stummfilmserie verbindet Frankensteinmythos, Kriegsrealität und Vorformen des Filmexpressionismus.

Das Programm:

Do. 7.8. um 21 Uhr: Der Angeber (live vertont von Joachim Bärenz)

Fr. 8.8. um 21 Uhr: Der Student von Prag (live vertont von Mark Pogolski)
Fr. 8.8. um 22.30 Uhr: Buster Keaton - Der Boxer (live vertont von Joachim Bärenz und Christian Roderburg)

Sa. 9.8. um 21 Uhr: Ich klage an - J'accuse (live begleitet von Stephen Horne)

So. 10.8. um 21 Uhr: Der Schrecken von London (live begleitet von Christian Roderburg)

Mo. 11.8. um 21 Uhr: Die Bräute des alten Gauners (live begleitet von Andrea Rottin, Jan Procházka u. Tomáš Majtán)

Di. 12.8. um 21 Uhr: Der Stärkste (live begleitet von Neil Brand)

Mi. 13.8. um 21 Uhr: Das Blut der Liebe (live vertont von Neil Brand)

Do. 12.8. um 21 Uhr: Die Seeteufel (live vertont von Neil Brand und Günter A. Buchwald)

Fr. 13.8. um 21 Uhr: Ein einfacher Fall (live begleitet von Joachim Bärenz)
Fr. 13.8. um 22.30 Uhr: Die Göttin (live begleitet von Günter A. Buchwald)

Sa. 14.8. um 21 Uhr: Kurzfilme von Segundo do Chomón (live begleitet von Günter A. Buchwald)
Sa. 14.8. um 22.30 Uhr: Um Himmels Willen (live vertont von Richard Siedhoff)

So. 15.8. um 21 Uhr: Monte Carlo (live vertont von Günter A. Buchwald)

Internationale Stummfilmtage – Bonner Sommerkino | 7.8.-17.8. | Arkadenhof der Universität Bonn | Eintritt frei | www.internationale-stummfilmtage.de

CHRISTIAN MEYER

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