Die letzten Schultage vor den Ferien sind meistens eine wenig ertragreiche Zeit. Lehrer wie Schüler sind unmotiviert und bestenfalls wird kurz vor den Sommerferien willkürlich eine DVD in den Player geworfen, damit die Stunden vor dem erlösenden Klingeln zum Ferienbeginn ruhig verlaufen.
Die Studienrätin und ehrenamtliche Geschäftsführerin der KultCrossing GmbH Christa Schulte machte aus dieser Not eine Tugend und gründete 2008 das Kurzfilmfestival „.mov“. Hier haben die Schüler der Sekundarstufe I und II nicht nur die Möglichkeit, die Filme junger Nachwuchsregisseure anzusehen und zu analysieren, sondern auch in das direkte Gespräch mit den Filmemachern zu treten.
Das diesjährige Festival im Filmforum – Museum Ludwig wurde in drei Blöcke unterteilt: „Dokumentation“, „Job finden“ und „besondere Beziehungen“. Dieser reichhaltige Fundus an meist deutschen, aber auch internationalen Produktionen enthielt eine Themenbandbreite, die von Breakdance über Arbeitslosigkeit, Liebe, Eifersucht und Tod bis hin zu selbstzerstörerischen Lebenswegen reichte. Die Themen werden einerseits realistisch, andererseits auch kindlich verniedlicht erzählt. Dabei wurden die jungen Zuschauer selten von oben herab behandelt und vermeintlich schwierige Inhalte nicht ausgespart.
Die Kurz-Dokumentation „Frida und die Zeit vor mir“ von Meike Fehre vermischt z.B. alte Fotos, historische Dokumente und private Texte zu einer dynamischen Collage, die nicht nur die Geschichte von Fehres Urgroßmutter erzählt, sondern gleich hundert Jahre deutscher Geschichte mit abhandelt. Zukunftsperspektiven und Vergangenheit werden in diesem ersten Dokumentarblock auf unspektakuläre Weise spektakulär behandelt.
Der erste fiktionale Beitrag „Lebenszeichen“ präsentiert dagegen ein Elternpaar, das in der Arbeitslosigkeit verharrt und die eigene Tochter vernachlässigt. Dieses Szenario wird einem Paar gegenüberstellt, das mit der Überlegung kämpft, selbst ein Kind zu bekommen.
Zum vierten Mal wurde auch der Festival-Preis „movy“ verliehen und ging dieses Jahr an den Regisseur Florian Ross für seinen 27 minütigen Kurzfilm „Das Gewehr“. Die Geschichte handelt von drei Freunden, davon einer suizidal gefährdet, die in einer Waldhütte im Urlaub das titelgebende Gewehr finden. Die Jury, bestehend aus 18 Schülern aus dem Literaturkurs des Städtischen Gymnasiums Kreuzgasse in Köln, zeigte sich von Ross’ Film am meisten beeindruckt.
Die Jurymitglieder hatten sich schon im Vorhinein mit Schnitt, Kameraführung, Story und Filmsprache auseinandergesetzt und „Das Gewehr“ nach diesen Kriterien für den mit 500 Euro dotierten Preis ausgewählt. Ihre Beweggründe, gerade Florian Ross auszuzeichnen, erläuterten zwei der Jurymitglieder, Myriam Egouli und Sophie Externbrink, in ihrer Laudatio: „Der Film fährt mit unseren Gefühlen geradezu Achterbahn – ganz so, wie es wohl auch eine psychische Erkrankung mit ihrem Opfer geschehen lässt.“
Ross stand auch anschließend für Fragen zur Verfügung und erläuterte, dass er besonders an dem Thema „Männerfreundschaft“ und dem Umgang mit Suizid in einem Freundeskreis interessiert sei. Es ging auf dem Festival allerdings nicht nur darum, einen etablierten Filmemacher zu lobpreisen, sondern auch um den Einstieg des Nachwuchses in die Filmbranche. Die Schüler zeigten sich in der anschließenden Gesprächsrunde interessiert und Fragen über die Location, das Gewehr und die Produktionsdauer wurden behandelt.
Wie bei einem Publikum, das nur aus Schülern besteht, nicht anders zu erwarten, verlief das Festival unruhig. Es wurde verstohlen geflüstert und gekichert, außerdem hörte man zwischendurch die Musik eines Mp3-Players. In dieser lebendigen Atmosphäre ließ sich sofort erkennen, welche Filme die jungen Leute bewegen, fesseln und zum Lachen bringen. Die ehrliche Emotionalität, das Interesse oder auch Desinteresse des jungen Publikums hob sich so erfrischend von den eher zurückhaltenden Reaktionen bei anderen Filmfestivals ab.
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