„Stupor Mundi – Das Staunen der Welt“ – das war schon zu seinen Lebzeiten der Zusatzname von Friedrich II von Hohenstaufen (1194-1250), König von Sizilien und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Trotz des Titels von Néjibs Comic ist aber nicht der König die Hauptfigur, sondern Hannibal, ein orientalischer Gelehrter, der von Friedrich nach Apulien geholt wird, um eine seiner Erfindungen – eine Art prähistorische Fotografie – zu vollenden. Hinter Friedrichs Plänen steckt nicht nur sein Interesse für Wissenschaft und den Orient, sondern auch seine Feindschaft zum Papst. Néjib erzählt in schlichten, aber ausdrucksvollen Zeichnungen die auf einem historischen Gerüst ruhende fiktive Geschichte mit beeindruckendem Gespür für Dramaturgie und hinterlässt den Leser reich an Gedanken (Schreiber & Leser).
Ein Sprung vom Mittelalter in die Renaissance, vom Comic zur religiösen Malerei: Vor wenigen Jahren tauchte das Mitte des 17. Jahrhunderts entstandene Augsburger „Wunderzeichenbuch“ auf, das der Taschen Verlag zunächst in einer Luxusausgabe und nun in einer erschwinglicheren Version als Faksimile mit ausführlichem Kommentar veröffentlicht hat. Die 167 farbigen Gouachen und Aquarelle zeigen außergewöhnliche Naturereignisse, in der frühen Neuzeit Wunderzeichen genannt, die als Omen, also Warnungen gedeutet wurden, um den Menschen zur Buße zu bringen. Die Bilder sind teils naturalistisch gehalten, teils allegorisch oder surreal und mit ihrer Kombination aus Bild und beschreibendem bzw. kommentierendem Textteil und der Darstellung von Zeit und Bewegung einer der vielen Vorläufer der Comics. Die apokalyptischen Szenen mit allerlei wilder Fantasterei zwischen Blutregen und Monstern erinnern dann sogar immer wieder an Superhelden-Action. In diesem Fall ist der Superheld ein zürnender Gott …
Ein Glossar oder Fußnoten gibt es in Comics häufiger. Dass die Fußnote aber zum Erzählprinzip erhoben wird, ist selten der Fall. Nacha Vollenweider tut dies in ihrem in atmosphärischen Schwarz-Weiß-Zeichnungen gehaltenen Debüt, und nennt es dann auch konsequent „Fußnoten“. Sie sitzt mit ihrer Freundin in der Hamburger S-Bahn, und während sie so fahren und aus dem Fenster blicken, werden ihre Gedanken immer wieder auf ihre Herkunft geworfen, die in erzählerischen Einschüben beleuchtet wird: Vollenweider ist Kind argentinischer Exilanten, die in den 70ern vor der Junta flohen. Ihr Familienbaum wiederum geht auf ein Schweizer Dorf zurück. Zwischen Hamburg und Argentinien tun sich immer wieder Parallelen, aber natürlich auch Widersprüche auf, die Vollenweiders Zerrissenheit zwischen den Kulturen kennzeichnen (Avant Verlag).
Auch Riad Sattouf weiß viel von einer Kindheit und Jugend zwischen den Kulturen zu erzählen. Der Zeichner und Regisseur („Jungs bleiben Jungs“, „Jacky im Königreich der Frauen“) wurde 1978 in Paris geboren, lebte dann aber viele Jahre in Libyen und Syrien, bevor er mit 13 Jahren nach Frankreich zurückkehrte. Jetzt erscheint der dritte Band seiner autobiografischen Kindheitserinnerungen „Der Araber von morgen“, in denen er die vor allem kulturellen Konflikte seiner französischen Mutter und seines arabischen Vaters sowie seine Erlebnisse in den ihm lange fremden und befremdlichen Ländern. Sattouf Zeichnungen sind funny, seine Erinnerungen mal tragikomisch, oft aber auch von Bitterheit geprägt (Knaus).
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