Dienstag, 29. Mai: Schön, dass man in der Veranstaltungsreihe zum „Komischen Film“ nicht in den sonst üblichen eingefahrenen Pfaden steckenblieb, sondern auch einer ansonsten häufig vernachlässigten Form des filmischen Humors ein Podium bot: der Synchronisation. Und wenn man sich mit den komischen Aspekten des Eindeutschens von Filmen und Serien befasst, liegt es natürlich nahe, den Urvater dieser eigenen Kunstform höchstpersönlich zu befragen. Deswegen stand der Schauspieler, Sprecher, Dialogautor und Synchronregisseur Rainer Brandt im „fünften Akt“ der Veranstaltungsreihe des Filmforums und der ifs Köln Rede und Antwort zu seiner illustren Karriere.
Zunächst ließ es sich der oft als Synchronpapst Titulierte nicht nehmen, eine kleine Vorrede an sein Publikum zu richten, in der er auf die Basis der Komik, den Humor, zunächst einmal recht allgemein einging. Von Humor könne man erst dann reden, wenn er sich über die Zeiten halten könne und die unterschiedlichsten Generationen erreiche. Dies ist Rainer Brandt mit seinen Arbeiten fraglos gelungen.
Nach witzigen Filmausschnitten und Vergleichen zwischen drögen Originalversionen und den merklich aufgepeppten deutschen Fassungen Brandts, beantwortete dieser die Fragen von Prof. Dr. Lisa Gotto. Die ifs-Dozentin ging das Gespräch von einer hohen wissenschaftlichen Warte heraus an, was von Brandt allerdings immer wieder auf eine leicht verständliche Alltagssprache heruntergebrochen wurde. Kein Wunder, schließlich sieht Brandt selbst die Ursprünge seiner „Schnodderdeutsch“-Sprachkreationen in seiner Sozialisation auf der Straße, wo man sich in Jugendcliquen mit „Asphaltformulierungen“ gegenseitig zu übertrumpfen versuchte. Die Eindeutschung der britischen Krimiserie „Die 2“ ist nach wie vor Brandts bekannteste Arbeit. Bezüglich der Frage der Synchronisation bemerkte er: „Zu sagen, wir müssen hart am Original bleiben, ist einfalls- und fantasielos.“ Und das war Rainer Brandt zu keinem Zeitpunkt seiner Dunkelgewerbe-Karriere.
Gerade bei „Die 2“ nahm er sich so manche Freiheiten, würzte die deutsche Fassung mit Metawitzen, bei denen plötzlich auch das ZDF in den Dialogen Erwähnung fand und die Synchronisation zur Selbstreflexion über das Fernsehen anregte. Dass Brandts Fassung dadurch um Längen komischer war als das Original, ist kein Einzelfall. So gab Brandt auch bezüglich des zum Abschluss noch gezeigten Belmondo-Films „Ein irrer Typ“ eine Anekdote zur damaligen Deutschlandpremiere zum Besten: Ko-Star Aldo Maccione, der im Kino neben Brandt saß, wunderte sich dabei nämlich gewaltig, dass die deutsche Version in jeder Szene mehr als doppelt so viele Lacher generierte wie das Original. Brandt, der Maccione im Film etwas blass fand, hatte für dessen Figur in der deutschen Fassung schlicht ein Stottern hinzuerfunden, das beim Publikum schließlich seine Wirkung nicht verfehlte.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Atem des Films
Das Festival „Edimotion“ holt die Monteure des Films ins Rampenlicht – Festival 10/23
Vom Kolonialismus zum Postkolonialismus
18. Afrika Film Festival blickt auf Historie und Gegenwart – Festival 09/21
Tabula rasa
Eine Reihe zu filmischen Manifesten – Reihe 04/20
Erkundung der Kinolandschaft
Eine Filmreihe widmet sich den „Mythen der Wildnis“ – Festival 03/19
Spuren in die Gegenwart
Filmreihe blickt auf Pogromnacht in Köln und ihre Folgen – Kino 11/18
Zukunft des Kinos
ifs-Begegnung „Film und Kunst nach dem Kino“ im Filmforum – Foyer 04/18
Tabubrüche als Aufklärung
Reihe über Skandale um NS-Vergangenheit – Spezial 03/18
Film zur Ausstellung
„I Am Not Your Negro“ im Filmforum – Foyer 03/18
Menschliches, Allzumenschliches
Das Filmforum zeigt Filme zum Thema „Rache – Schuld – Vergebung“ – Festival 03/18
Der Preis eines Menschenlebens
Stranger Than Fiction: Karin Jurschick stellt „Playing God“ vor – Foyer 02/18
Drehen im Krisengebiet
„Das Milan-Protokoll“ im Filmforum – Foyer 01/18
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24