Als die ehemaligen Filmpalette-Macher Martina und Dieter Borck am 30.10.1996 ihr Arthouse-Center in einem ehemaligen UPS-Paketzentrum eröffnen, ist keineswegs klar, wie erfolgreich sich das Konzept eines modernen Filmkunstkinos mit drei Sälen abseits der großen Hauptstraßen entwickeln wird. Mutig schließt das Cinenova an die Tradition der vielen alten Ehrenfelder Kinos an, die es einmal in der näheren Umgebung gab: etwa die Volkslichtspiele/Rio, den Primus-Palast und das Union sowie das zuletzt als Pornokino betriebene Urania auf der Venloer Straße. Martina und Dieter Borck glauben an Ehrenfeld als Standort, wollen zunächst im Barthonia Forum starten, entschließen sich dann aber im letzten Augenblick für das mit wunderbar hohen Räumen ausgestattete Paketzentrum an den Eisenbahngleisen der Herbrandstraße. Beide boxen ihr Triplex - den einzig wirklich bedeutenden Kölner Kinoneubau neben dem UCI Hürth und dem Cinedom - gegen alle Widerstände durch.
Mit seinem großzügigen Foyer, den ansteigenden Sälen und der neuesten Technik plus Restaurant und Open-Air-Kino setzt das Cinenova neue Filmkunst-Standards in Köln. "Filmkunst im Multiplex-Standard, das gab es bis dato nicht", so Martina Borck. Bald zieht das Haus auch Publikum aus der Innenstadt und von außerhalb Kölns an - und fängt unfreiwillig den Verlust des bald darauf schließenden Broadway-Kinos mit auf. Auch aus Krefeld, Leverkusen, Pulheim, Bensberg kommen Besucher - und werden schnell zu Stammgästen, denn das Cinenova macht vom Start weg ein anspruchsvolles großstädtisches Kino, wie man es sich eben auch in den Vororten erträumt und wünscht. Vor allem bringt das Arthouse-Center das Flair der neuen Pariser Kinofabriken nach Köln, allerdings mit einem viel größeren Eingangsbereich, der es schon vor dem Filmbeginn ermöglicht, "sich mit anderen Leuten zu treffen, sich zu unterhalten, sich auszutauschen", so Dieter Borck. Wer den Begriff Center noch mit den Schachtelkinos des Passage auf der Hohe Straße oder dem UFA-Palast am Ring verbindet, wird in Ehrenfeld eines Besseren belehrt.
Neben einem festen Studentenstamm kümmert sich das Haus auch mit Sonderprogrammen, Original-Previews und wohl dosierten Reprisen um die lokalen Filmfans und deren Lust am Kino. Die Programmqualität und die Zusammenarbeit mit den Filmverleihern sei seit Jahren konstant gut, es fehle beim hiesigen Publikum mitunter etwas an Experimentierfreude, so die Borcks. Überhaupt ist vor dem Jubiläum eigentlich schon nach dem Jubiläum. Längst basteln die Kinomacher nach der erfolgten Neubestuhlung aller Säle an einer noch schöneren Bar, der digitalen Projektion und einer noch gezielteren Ansprache der Studenten. "Das Kinopublikum ist mit uns nicht gealtert", spaßt Dieter Borck, der mit seiner Frau täglich im Haus und hinter den Kulissen arbeitet und schraubt. Auch ein Filmkunstkino ist eben eine Fabrik, aber eine, die beseelt ist von einem humanistischen Geist.
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