Hiobsbotschaften für die freie Filmszene. Die Finanzierung einiger Projekte ist vollkommen offen. Der Haushalt der Stadt Köln wird wieder mal mit großer Verspätung beschlossen und bringt einige Kürzungen für die ohnehin chronisch unterversorgte Filmszene mit sich. Durch die Neuwahlen in NRW wird der Landeshaushalt für 2012 sogar erst im Oktober verabschiedet, bis dahin können auch von dort keine Gelder fließen. Schon haben die ersten Projekte ihre Handlungsunfähigkeit verkündet. Die Kölner Kino Gesellschaft teilte bereits mit, ohne eine Zusicherung der Finanzierung die für Anfang Juli geplanten 4. Kölner Kino Nächte absagen zu müssen. Auch das Projekt „Köln im Film“ von Filminitiativ e.V. steht vielleicht vor dem Aus. Einige für den Herbst geplante Filmfestivals wie das Kurzfilmfestival „Unlimited“ oder das Filmmusikfestival „SoundTrack_Cologne“ können eventuell nur abgespeckte Ausgaben planen. Kulturamtsleiter Dr. Konrad Schmidt-Werthern im Gespräch mit choices zur aktuellen Lage.
choices: Ist man sich auf städtischer Seite bewusst, dass die derzeitige Situation dazu führt, dass die entsprechenden Projekte ohne eine finanzielle Sicherheit nicht fortgeführt und das Ansehen der Stadt als Film- und Medienstadt und ihre Nachwuchsförderung dadurch nachhaltig zerstört werden könnte? Die Erfahrung zeigt, dass einmal ausgesetzte Projekte wie zuletzt das Mittelmeerfestival, CineAsia oder die KunstFilmBiennale sang- und klanglos verschwinden ...
Dr. Konrad Schmidt-Werthern: Die Stadt besitzt noch keinen verabschiedeten Haushalt 2012. Deswegen kann das Kulturamt sein Budget nicht für das gesamte Jahr verplanen. SoundTrack_Cologne und Unlimited konnte das Kulturamt eine fünfstellige Förderung bereits zusagen. Den Kölner Kino Nächten als ein junges Netzwerkprojekt, das im letzten Jahr aus Schwerpunktmitteln unterstützt wurde, kann zunächst jedoch nur ein Minimalbetrag für eine Werbekampagne in Aussicht gestellt werden. Soweit die städtische Förderung der genannten Projekte. Auch das Land hat bis jetzt keinen gültigen Haushalt verabschiedet. Was die Förderung des Landes betrifft, stellt sich die Situation etwas anders dar: Das fehlende Aussprechen von Genehmigungen des vorzeitigen Maßnahmenbeginns durch das Land hätte zur Folge, dass einige der von uns hoch geförderten Projekte nicht mit den Vorbereitungen beginnen dürfen. Hier versucht das Land gerade eine Lösung. Dem Kulturamt ist klar, dass die Folgen ggf. unwiderrufbar sind.
Gibt es angesichts dieser Gefahr Möglichkeiten einer Zwischenfinanzierung von städtischer Seite oder auf Landesebene, evtl. auch durch die Filmstiftung? Inwieweit werden solche Fragen bereits diskutiert?
Eine Zwischenfinanzierung durch die Stadt gibt es nicht, da unser Budget kontingentiert ist, d.h. wir nur einen Teil unseres Budgets ausgeben dürfen. Für die Projekte, die von uns Strukturförderung erhalten, haben wir schon im letzten Jahr eine verlässliche Förderzusage vom Land angefragt, durch die Verschiebung des Landeshaushalts konnte diese Zusage vom Land nicht ausgesprochen werden.
Es gab Ende März ein Gespräch zwischen Kulturamt und KinoAktiv. Was konnten Sie der freien Szene im Angesicht der aktuellen Probleme für die nahe Zukunft in Aussicht stellen?
In Aussicht stellen konnten wir leider keine zusätzlichen Fördergelder. Dafür müsste im Zuge des Haushalts 2012 im politischen Umfeld geworben werden.
Wie könnte man die cineastische Grundversorgung der Kölner BürgerInnen in Zukunft nachhaltig sichern?
Die Kölner Filmfestivals leisten dies bereits sehr gut. Deswegen wollen wir innerhalb unserer finanziellen Möglichkeiten auch deren Bestand sichern. Natürlich kann es in Zeiten von knappen städtischen Mitteln zu Einschnitten im Veranstaltungsangebot kommen. Dem werden wir durch Schwerpunktbildungen begegnen. Das Filmkulturförderkonzept formuliert aber auch klar und deutlich die Notwendigkeit, dass das Förderbudget in naher Zukunft erhöht werden müsste.
Die Einführung der dreijährigen Strukturförderung hat wohl ihr Ziel verfehlt. Im Falle von „Köln im Film“ führte sie sogar zu einer erheblichen Kürzung der Mittel, die nun das Fortbestehen des Projektes gefährdet.
Dem Filminitiativ e.V. wurde für das „Afrika-Festival“ eine große dreijährige Strukturförderung in Aussicht gestellt, der Verein macht damit einen großen Schritt nach vorne. Diese muss noch vom Rat beschlossen werden. Das andere Projekt von Filminitiativ, „Köln im Film“, hat in den letzten zehn Jahren sehr unterschiedliche Zuschüsse erhalten, je nach Projektbudget. Der Zuschuss konnte in den letzten drei Jahren steigen, damit die letzten Schritte zum Ausbau der Filmdatenbank auf den Weg gebracht werden konnten. Von einer Dauerförderung in gleicher Höhe wie die letzten drei Aufbaujahre konnte nie ausgegangen werden. So hat auch der Filmbeirat votiert. Wenn es dem Kulturamt wieder möglich ist, auch die weitere Forschungsarbeit des Projekts zu fördern, werden wir dies gerne prüfen.
Wäre ein Roundtable, der alle Parteien – Stadt, Land, Filmstiftung und freie Szene – an einen Tisch holt, nicht ein notwendiger Schritt?
Ja, das ist eine gute Idee. Dazu sind wir gerne bereit.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24