Mittwoch, 3. September: In seinem Regiedebüt „Song From the Forest“ spürt der Journalist Michael Obert den Intentionen des Aussteigers Louis Sarno nach, der sich bereits vor Jahrzehnten dazu entschloss, der Zivilisation den Rücken zu kehren und unter dem Bayaka-Volk in den Regenwäldern der Zentralafrikanischen Republik seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Der Film zeichnet nicht nur das Leben des gebürtigen Amerikaners in seinem afrikanischen Exil nach, sondern beschäftigt sich auch mit der Reise, die dieser zusammen mit seinem dreizehnjährigen Sohn Samedi Mathurin Bokombe in die USA antritt, um dem Filius einmal „die andere Welt“ zu zeigen, aus der Sarno ursprünglich stammt. Für den Kölner Verleiher Joachim Kühn liegt ein großes Verdienst des Filmemachers insbesondere darin, diesen „großen Mix der Kulturen, die so völlig gegensätzlich sind“, spannend auf die Leinwand gebannt zu haben. Ein bisschen was von den Gegensätzen war am Abend der NRW-Premiere dann auch im Kölner Odeon-Kino spürbar, denn Samedi war zwar in die Domstadt mitgereist, zog es aber vor, auf dem Hotelzimmer zu bleiben, da ihm die ganze Aufmerksamkeit um seine Person zu viel wurde. Louis Sarno selbst beantwortete geduldig die Fragen der zahlreich erschienenen Besucher, konnte aber ebenfalls nicht verhehlen, dass ihn die fünftägige (!) Anreise aus dem zentralafrikanischen Regenwald nach Deutschland doch gewaltig geschlaucht hatte.
Sarno und Regisseur Michael Obert hatten sich bereits im Herbst 2009 kennengelernt, als Obert als Journalist für ein Magazin beruflich in Afrika unterwegs war und Geschichten vom weißen Aussteiger aufschnappte, der unter Pygmäen im Regenwald leben sollte. Sarnos Geschichte barg für Obert direkt eine „faszinierende Idee, die fast schon nach einem Märchen klang“. Dennoch hatte er in den folgenden zwei Jahren nicht die leisesten Ambitionen, daraus einen Film zu machen. Durch die Wiederbegegnung mit einem alten Bekannten, dem Produzenten Alex Tondowski, entwickelte sich aber dann doch rasch der Plan, Sarnos Geschichte fürs Kino aufzubereiten. Einen besonders cineastischen Zugang sah Tondowski in Sarnos Versprechen, seinem Sohn einmal die weite Welt zu zeigen. Würde man die Reise der beiden nach New York auf Film festhalten, wäre ein toller Aufhänger gefunden. Im Oktober 2011 starteten schließlich die Dreharbeiten im Regenwald, wo die kleine Crew mit ihrem gewaltigen, 650 Kilogramm schweren Equipment anrückte. Für Louis Sarno gestaltete sich dann insbesondere der gemeinsame Trip mit seinem Sohn nach New York als „bizarre Erfahrung. Noch nie zuvor hatten sich meine beiden Welten und meine beiden Leben auf diese Weise miteinander vermischt.“ Eine Erfahrung, die nun auch Michael Obert nachempfinden kann, denn seit Beginn der Previewtour zum Film leben Sarno und sein Sohn in der Berliner Nachbarschaft des Regisseurs, weswegen „die Kollision der beiden Welten aus meinem Film nun in meinen Alltag eingedrungen ist.“
Auf Nachfragen aus dem Publikum erläuterte Louis Sarno im Odeon-Kino, dass er die komplizierte Sprache der Bayaka, Yaka genannt, vor Jahrzehnten wie ein Kind erlernt habe. Durch bloßes Zuhören, Nachplappern und stückweises Begreifen der Bedeutungen. Mittlerweile spricht er einfach in Yaka, ohne sich im Vorfeld seinen Text auf Englisch zu überlegen und in Gedanken zu übersetzen. Seit Sarno in den 80er Jahren in den zentralafrikanischen Regenwald gezogen ist, sind bereits die meisten der Bayaka verstorben, die ihn damals freundschaftlich aufgenommen haben. Nun lebt er dort mit deren Kindern und Enkelkindern zusammen und erfüllt die Funktion des Dorfältesten. Auch durch sein Projekt, die Gesänge der Eingeborenen auf Tonbändern zu sammeln und zu archivieren, hat er dazu beigetragen, eine aussterbende Kultur vor dem Vergessen zu bewahren. Durch den Besuch im Kino oder mit dem Kauf des Soundtracks kann jeder Einzelne dazu beitragen, Sarnos Lebenswerk zu unterstützen.
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