Jacques Palminger betritt mit Bierglas und Schnurrbart bewaffnet die Bühne, dann haucht er „Köln ist die Leber des Rheins“ ins Mikro, und das Publikum im Gebäude 9 lacht. Der multitalentierte Sänger, erotische Schnurrbart-Träger, Regisseur, Schauspieler und Studio-Braun-Humorist aus Hamburg interpretierte mit seinem Quintett 440 Hz Trio Jazz – natürlich wie üblich auf ganz eigene Art. Denn endlich ist sein neues Album erschienen. Dessen Tittel klingt ein wenig wie ein irres Kinderhörspiel: „Spanky und seine Freunde“. Genauso durchgeknallt-märchenhaft wird dieses auch präsentiert.
Schon geht es auch los mit dem wahnsinnigen Wortgewitter à la Jacques: So berichtet der einstige Schauspieler aus der Fake-Band-Doku „Fraktus“ von einem sich von einem Fernsehturm stürzenden Mädchen, das sich jetzt für immer in einem Film befände, dies aber tragischerweise selber nicht wisse, über grauenvolle Abenteuerspielplätze bis hin zu pinselnden Pinguinen. Und stellt schließlich die Band vor: Olve Strelow am Schlagzeug, der ein bisschen aussehe wie Gerard Depardieu (dessen Namen er leider nicht aussprechen kann) und dessen Familie, die Strelow-Dynastie, ihr Geld seit jeher mit Hüpfburgen und den sich darin befindenden Krümeln verdiene, aus denen sie dann später teure Marzipankugeln herstellten; den attraktiven Bassisten John Raphael Burgess, der so schöne Hände habe, dass er gelegentlich den Bürgermeister von Hamburg handdouble, denn dieser habe nicht so schöne; den Pianisten und ehemaligen Die-Sterne-Organisten Richard von der Schulenburg, der keine Fanclubs außer angeblich neuerdings einen einzigen russischen besitze; den Vibraphonisten Jan Heinemann und last but not least Sängerin und Musikerin Lydia Schmidt, die bald die circa 200. Shisha-Bar in Berlin aufmachen wolle – und die der Sonnenschein der Band sei.
Seine Geschichten, die bisweilen ein wenig an Helge Schneider auf hanseatisch erinnern, sind mal wieder so verrückt, dass das Publikum viel lachen muss. Tatsächlich ist es der Kontrast zwischen der ernst und etwas naiv wirkenden Lydia, die bisweilen sogar zur Blockflöte greift, der märchenhaft-träumerischen Präsentation der deutschen, teilweise an Schlager erinnerenden Lieder, die dann jedoch mit so einem verrückten und schwarzhumorigen Inhalt gefüllt sind, dass man ob der Ernsthaftigkeit der Darstellung lachen muss. Palminger, der zwischendurch gelegentlich kleine provozierende Wortwitze wie „Lügenjazz!“ in den ausverkauften Saal hineinruft, und sein 440 Hz Trio haben sich an die ohnehin schon musikalisch etwas durchgeknallte Gattung Jazz gewagt, und es ist ihnen gelungen, sie noch etwas mehr in den Wahnsinn zu ziehen. Mit Liedern wie „Spanky“, „Der Sprung“, „Ganz normales Leben“ oder auch „Der Pinguin, das Handy und der Jazz“ brechen sie Strukturen des Jazz auf, mischen Retro-Jazz im Stil der 60er mit Chansons und Texten irgendwo zwischen Schwermütigkeit und wahnsinnigem Humor. Musikalisch jedoch auf sehr hohem Niveau.
Weitere Kostproben aus dem Pseudo-Jazz-Wahnsinns-Projekt gibt es z.B. am 15. November in Berlin, am 16. in Hamburg und am 18. im Druckluft Oberhausen.
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