Nun ja, er war jung, und er brauchte das Geld. Dieser lustige Satz trifft auch auf eine Erzählung des damals tatsächlich noch relativ jungen Pianisten Simon Nabatov, der mir in einem Interview sichtlich erschüttert erzählte, er habe in New York Klavier gespielt – und die Leute hätten dazu gegessen. Lange ist das verdaut und vergessen, denn Nabatov residiert nunmehr seit 25 Jahren in Köln und – als anerkanntes Urgestein in Müllers Guter Stube – damit auf Kölns engagiertester Avantgarde-Bühne „Loft“. Jetzt feiert er dieses nennenswerte „Köln-Jubiläum“ in vier Projekten, von denen zwei in den Monat Mai fallen. Grund für einen Blick auf diesen großen Virtuosen, dessen musikalische Gänge nur Menükarten meiden.
Mit drei Jahren bearbeitete Simon bereits die Tastatur, angeleitet vom Vater, einem Musiker in Moskau. Auf dem dortigen Konservatorium erlernte er die berühmte russische Klavierkunst, bis die Familie 1979 nach New York emigrierte: Dort entdeckte er an der Juilliard School of Music auch den Jazz und die Improvisierte Musik. Seine sensationelle Spieltechnik befähigt ihn deshalb bis heute, zwischen den verschiedenen Disziplinen zu changieren, Stile zu verschmelzen: Von Gershwins Klavierkonzerten bis zur freien Improvisation mit einem Stimmkünstler reicht seine Ausdruckspalette.
Als er nach zehn Jahren in New York nun in Köln landete, kannte er schon diverse Musiker, die ihm vom Rheinland und seiner Musikszene berichtet hatten. Nach 25 Jahren, nunmehr als reifer Mittfünfziger, ist das Interesse an den Menschen und Künstlern nicht erloschen, feste Bands blieben bis heute erhalten. Matthias Schubert, Frank Gratkowski und der damals in Köln lebende Posaunist Nils Wogram bezogen den Pianisten in ihre Projekte ein, mit Tom Rainey und Mark Helias pflegt Simon seit 20 Jahren ein New Yorker Trio.
Für sein erstes Projekt „Young Cologne“ verbindet er sich nun mit zwei Absolventen der Muho Köln, einem eingespielten Rhythmusduo aus Bass (Stefan Schönegg) und Schlagzeug (Dominik Mahnig), die mehrfach gemeinsam in festen Ensembles wie Die Fichten (aufgemerkt: nicht die Randfichten) bestens funktionierten. Für dieses Trio schreibt er ein ganz neues Programm. Auch für „Fernweh – Brasilien“ wird komponiert. In die südamerikanische Musik hat sich Nabatov so verliebt, dass er sogar Portugiesisch lernte und sich mit der Folklore beschäftigte. Hier treten der brasilianische Bassist André de Cayres und der kolumbianische Schlagzeuger Rodrigo Villalon an, die beide in Köln arbeiten und sich mit Samba, Choro, Forró, Maracatu und vielem mehr sehr gut auskennen.
Im Herbst folgen dann noch Besetzungen für Kammermusik und ein Trio „Freies Europa“ mit dem Engländer Barry Guy und dem Amerikaner Gerry Hemingway, die beide schon lange in der Schweiz leben – auch ein beliebtes Land für Jazzmusiker.
„Young Cologne“: 8.5. Bunker Ulmenwall in Bielefeld | 9.5. Loft in Köln
„Fernweh – Brasilien“: 30.5. Loft in Köln
Info: www.nabatov.com
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