Das Münsteraner TheaterJugendOrchester wagt sich zusammen mit 52 jungen Laiendarstellern an seine erste Musical-Produktion: „Footloose“. Das auf dem gleichnamigen Kultfilm von 1984 beruhende Musical erzählt die Story des Chicagoer Schülers Ren, der in ein Provinznest zieht und dort gegen das vom Pfarrer verhängte Tanzverbot kämpft.
Im minimalistischen, aber effektiven Bühnenbild von Kerstin Bayer läuft die mit bigotter Moral getränkte Show ab, gewürzt mit den eingängigen Kompositionen von Tom Snow und einigen fetzigen Songs (u.a. von Jim Steinmann), einer zarten Liebesgeschichte und einem selbst hinzugefügten Rap, der die (musikalische) Brücke zu heute schlägt. Die Kids spielen, singen und tanzen enthusiastisch drauflos, wobei es Annette Taubmann gelingt, ihre Choreographien auf die tänzerischen Voraussetzungen der Jugendlichen kongenial abzustimmen. Weniger professionell haben die beiden Regisseure Anne Verena Freybott und Jakob Seidl gearbeitet. Ihre Inszenierung atmet kein (Musical-)Talent, versagt vor allem bei der Schauspielführung.
Im Gelsenkirchener Consol-Theater stellte Mario Stork seine Rock-Oper „Ein Lied von Freiheit“ vor, die den Lebensweg Guiseppe Verdis und seine (virtuelle) Rivalität mit Richard Wagner nachzeichnet. Erzählt wird die Geschichte, ohne verbindende Dialoge, in 19 Songs, von einem, 32-köpfigen Chor und den beiden Hauptdarstellern Christian Stadlhofer (Verdi) und Dorin Rahardja (Giuseppina). Ein lebendes Konzept-Album sozusagen. Das erklärt auch die dramaturgischen Schwächen des Stücks, das Giuseppina viel zu spät einführt, nach zwei Songs wieder „fallenläßt“, um sie erst zum Finale wieder „auflaufen“ zu lassen. Aber immer wenn Stork die Sänger solo am Klavier oder mit der Gitarre begleitet, entfalten sich seine Songs zu wunderschönen Melodien. Auf jeden Fall wünscht man sich, daß Stork dieses „Work in Progress“ zu einem ausgereiften Bühnen-Musical weiterentwickelt – und dass unsere Stadttheater endlich mal den Mut haben, einheimische Musical-Komponisten zu fördern.
Wie auf kaum ein anderes Musical trifft Leonard Bernsteins Ausspruch („Ein gutes Musical ist eins, das man auch ohne Musik spielen kann“) auf „Blutsbrüder“ zu. Die jetzt von Bernd Julius Arends neu übersetzte Fassung des Kult-Musicals hatte nun am KatiElli-Theater in Datteln Premiere. Die Story des in den 60er und 70er Jahren in Liverpool spielenden Musicals erinnert an die sozialkritischen Filme des englischen Free Cinema: Die Zwillingsbrüder Mickey und Edward werden nach der Geburt getrennt und wachsen in unterschiedlichen, sozialen Schichten auf, begegnen sich aber im Lauf der Jahre immer wieder, ohne ihre „Blutsverwandtschaft“ zu ahnen.
Arends Regie findet genau die Balance zwischen kontrolliertem Slapstick und psychologischer Tiefe. Selbst ein Hauch „Fuck ju Göhte“ hat sich eingeschlichen, ohne sich plump beim jugendlichen Publikum anzubiedern. „Sag es ist nicht wahr“ singt am Ende das großartige, achtköpfige Ensemble. Doch es ist wahr: Über Datteln strahlt wieder mal ein Musical-Stern.
„Blutsbrüder – Das Musical“ | R: Bernd Julius Arend | 13., 14.6. 19.30 Uhr, 15.6. 18 Uhr | KatiElli Theater in Datteln | 02363 184 93 04
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