Gleich, wenn der Vorhang zu jazzigen Saxophon-Klängen aufgeht und den Blick auf Patricia Martin und ihre, vor einem überdimensionalen Filmstreifen in (Film-)Gangster-Klamotten postierte, 5-köpfige Band freigibt und das Ensemble den Prolog swingend „scattet“, wissen wir, dass wir in Hollywood sind. Genauer gesagt im Film noir der 40er Jahre mit seinen Trenchcoat-tragenden, zwiespältigen Privatdetektiven à la Philip Marlowe und den ihnen zusetzenden Femmes fatales.
Cy Colemans Musical-Klassiker spielt auf zwei Ebenen: Da ist einmal die Geschichte des Krimi-Autoren Stine, der seinen Roman für den Filmproduzenten Buddy Fidler zu einem Drehbuch umschreiben soll und von diesem ständig zu Änderungen gezwungen wird. Parallel dazu wird Stines Story um den Privatdetektiv Stone zur Bühnen-Realität. Als Stone zunehmend davon genervt ist, dass Fidler seinem „Schöpfer“ ständig in die Parade fährt und der kein Rückgrat zeigt, schlüpft er schließlich in Stines Rolle und schreibt sich sein eigenes Happy End.
Garniert wird diese mal nebeneinander, mal rückwärts laufende oder sich überlappende Geschichte – die auch schon mal, wie im Kino, mit Rückblenden arbeitet – mit dem Figurenarsenal der „Schwarzen Serie“. Wobei alle Darsteller, außer Stine und Stone, zwei Rollen spielen: eine in der Wirklichkeit und eine in Stines Drehbuch. Abgesehen davon, dass Alexander Sasanowitsch (Stine) und Herman Bedke (Stone) bisweilen ihre Jugendlichkeit im Wege steht, um einen erfolgreichen Kriminal-Autor bzw. deren zynische Humphrey-Bogart-Figur immer glaubhaft herüber zu bringen, werfen sie sich mit Verve in ihre Rollen. Während Sasanowitsch in den hohen Stimmlagen gesanglich noch etwas zu kämpfen hat, ist Brede dem kompletten Musical-Darsteller schon etwas näher. Immerhin gehört ihnen der Showstopper „Du bist nur, weil ich bin“, der uns, auch durch ihre charismatische Performance, noch lange im Ohr nachklingt.
Dieses Charisma gilt für alle bis in die Nebenrollen hinein von Regisseur Henner Kallmeyer präzis geführten Darsteller, deren Spiel man vor allem Kallmeyers an Boulevard-Stücken wie „Sein oder Nichtsein“ und „Harry und Sally“ geschultes Komödien-Timing ansieht. Dass die Show wie aus einem Guss erscheint, liegt auch daran, dass sich Karen D. Savages Choreografien kongenial mit Kallmeyers szenischer Umsetzung ergänzen. Etwa wenn der Angel City Five Chor nicht steif im Hintergrund steht, sondern wie ein Rattenschwanz am geschäftig durch den Raum telefonierenden Produzenten hängt. Apropos Raum: Beata Kornatowska lässt mit ihren Kostümen und dem Bühnenbild die Film-noir-Atmosphäre des Hollywoods der 40er Jahre stimmungsvoll auferstehen, woran auch die Lichtregie von Christian Sandach, Andreas Koroll und Oliver Semrau ihren nicht zu unterschätzenden Anteil hat. Auf jeden Fall freut man sich schon auf das nächste „Gesellenstück“ aus der Folkwang Universität der Künste, wo das Musical offensichtlich mit Herzblut gelehrt und studiert wird.
„City of Angels“ | R: Henner Kallmeyer | keine weiteren Termine
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