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Josef Hader am Set von „Wilde Maus“
Foto: Petro Domenigg / Majestic

„Er passt nicht mehr in die Zeit“

23. Februar 2017

Josef Hader über seine Tragikomödie „Wilde Maus“ – Gespräch zum Film 03/17

Josef Hader, 1962 in Waldhausen/Oberösterreich geboren, ist erfolgreicher, vielfach ausgezeichneter Kabarettist und konzentrierte seine Auftritte als Schauspieler in Kino und Fernsehen gerne auf Projekte, bei denen er am Drehbuch mitarbeiten konnte; darunter Wolfgang Murnbergers Verfilmungen der Wolf-Haas-Krimis (beginnend mit „Komm, süßer Tod“), in denen er den Antihelden Simon Brenner spielt. In Maria Schraders „Vor der Morgenröte“ (2016) glänzte er als Stefan Zweig. „Wilde Maus“ ist sein Debüt als Regisseur.

choices: Herr Hader, Jack White oder Anton Bruckner, U vs. E – Sie beginnen den Film gleich mit einer schönen Diskussion. Wie halten Sie es da selber?
Josef Hader: Ich persönlich bin schon ein ziemlicher Klassik-Freak. Das ist auch der Grund, warum diese Musik relativ oft vorkommt. Ich wollte unbedingt einen Film ohne eigens komponierte Musik machen, weil ich es nicht so gerne mag, wenn Szenen so explizit trauriger oder lustiger gemacht werden. An entscheidenden Punkten sollte aber quasi monolithisch etwas Klassisches stehen.

Deswegen ist Ihr sinkender Held Musikjournalist?
Genau. Ich hatte immer schon gedacht, wenn man von Arbeitslosigkeit im Mittelstand erzählen will, dann sind Journalisten ein heißer Tipp. Hier brauchte ich jemanden, der ziemlich tief fällt; sozusagen einen König, der ins Bodenlose stürzt. Und da bei uns in Wien die Kritiker für klassische Musik so was wie Könige waren, die Karrieren rauf oder runter schreiben können, dachte ich: Wenn ich so jemanden vom Ross stoße, wird deutlich, was er für einen Bedeutungsverlust erleidet.

Georg ist auch so ein bisschen ein Fossil wie die titelgebende Achterbahn…
Ja, er passt nicht mehr in die Zeit. Es ist auch in Wien so, dass für diese Art von Journalismus immer weniger Platz und Geld da ist. Und die „Wilde Maus“ war modern in den 70ern und ist sehr in die Jahre gekommen. Aber es ist dennoch spannend, mit ihr zu fahren. Das Teuflische sind die Kurven.

Was an dem Stoff hat Sie so umgetrieben, dass Sie das erste Mal Regie führen wollten?
Ich hatte mal angefangen, ein Drehbuch zu schreiben. Irgendwann war ich so in der Materie drinnen, dass ich viele Ideen hatte, wie der Film werden könnte und dachte, das kann ich mir zutrauen. Außerdem: Wenn jemand in ein Projekt reinkommt, wo der Autor und Schauspieler schon so eine fixe Vorstellung hat, dann kann man das einem richtig guten Regisseur gar nicht zumuten. Also dachte ich, dann mache ich es selber und lasse mich auf ein Abenteuer ein.

Trotz mancher Überzeichnungen der Figuren wirken sie doch alle wie arglose, letztlich liebenswerte Menschenkinder.
Ich finde es immer gut in einer Tragikomödie, wenn Gut und Böse gleich verteilt sind auf alle Mitwirkenden und der Zuschauer sich oft gar nicht entscheiden kann, wer recht hat. Dass man die verschiedenen Standpunkte versteht, macht die Konflikte noch spannender.

Stimmt, selbst den Chef als Antagonisten versteht man.
Ja, er verhält sich anfangs auch in gewisser Weise großmütig. Mir war wichtig, dass der Konflikt zwischen den beiden Gegnern irgendwann wirkt wie der verbissene Kampf zwischen zwei Schuljungen.

Wie sind Sie an die Inszenierung herangegangen?
Ich habe versucht, mit einem guten Plan zum Dreh zu kommen. Gleichzeitig merkt man am Set dann natürlich, dass was trotzdem nicht passt. Das ist aber kein Gegensatz. Der Plan ist wichtig, um beim Improvisieren nicht völlig die Richtung zu verlieren. Gerade weil ich fast drei Jahre immer wieder an dem Buch geschrieben habe, hat mich das nicht eng gemacht, sondern ich konnte entspannt die Ideen der anderen aufgreifen, die das Ganze bereichert haben. ich hatte keine Angst davor, mich zu verlieren.

Haben Sie Ihre Schauspieler also auch beim Text improvisieren lassen?
Das Drehbuch ist keine Bibel. Ich habe viele Anregungen der Schauspieler schon bei der Leseprobe aufgegriffen, so dass das Drehbuch sozusagen dem Schauspieler ein paar Schritte entgegenkommt. Weil sie dann besser sein können. Auch am Set haben wir immer wieder verschiedene Formulierungen ausprobiert, um dem Ganzen möglichst viel Leben zu geben. Und ich habe bewusst Schauspielerinnen und Schauspieler gewählt, die immer mit einem Hauch Improvisation arbeiten. So wie bei guten Musikern, die das Stück immer ein bisschen anders spielen. So ein Schauspieltyp bin ich auch selbst. Die besonderen Momente, die dabei entstehen und nicht wiederholbar sind, muss man in den Film reinnehmen. Was nicht im Drehbuch steht, ist manchmal das Beste.

Wie war es für Sie selbst, als Schauspieler keinen externen Regisseur im Rücken zu haben?
Das war gar nicht das Problem, weil ich als Schauspieler immer schon sehr selbständig war. Beim Film greifen Regisseure ja vielfach nicht so ein wie beim Theater. Die große Neuerung war, dass ich Kollegen inszeniert und mit ihnen gespielt habe. Das war erst schwer für beide Seiten. Ich habe es dann so gelöst, dass wir sehr partnerschaftlich gearbeitet haben. Ein bisschen wie bei einer Band. Dass alle etwas beitragen und einer etwas stärker die Richtung vorgibt.

Was war bei der Regiearbeit schwieriger, als Sie sich das im Vorhinein vorgestellt haben?
Ich bin eher jemand, der sich alles schlimm vorstellt. Mir passiert es selten, dass ich davon überrascht werde, dass etwas schlechter ist. Meistens bin ich erfreut, dass es nicht so furchtbar ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe vor den Dreharbeiten ganz schlecht geschlafen. Nach drei Tagen bekam ich das Gefühl, ich kann das irgendwie schaffen.

Aber Spaß gemacht hat es Ihnen schon, das Abenteuer Regie?
Wenn man mit über 50 etwas macht, wo man völliger Anfänger ist, das ist eine wunderbare Erfahrung. Und wenn es halbwegs gutgeht, ist die Erfahrung natürlich noch schöner.

Eine, die Sie wiederholen würden?
Ja, mit einem eigenen Buch wieder sehr gerne.

Interview: Jessica Düster

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