„So schufen wir Träume aus Licht, schenkten der Welt Träume aus Licht“, singt der vergessene Filmstar Norma Desmond in Andrew Lloyd Webbers „Sunset Boulevard“. Diese „Träume aus Licht“ haben Regisseur Tom Hirtz und sein Kreativteam zu ihrer gleichnamigen „Hollywood trifft Broadway“-Hommage inspiriert, die eine Reise in die alte Kaiserstadt lohnt. Liebevoll hat sein kongenialer Bühnenbildner Frank Rommerskirchen dazu den Theatersaal durch holzgetäfelte Seitenwände, schummrige Wandlampen und einen 35mm-Filmprojektor in ein Oldfashioned-Kino verwandelt.
Charlie Chaplin (liebenswert komisch: Raphael Fachner) übernimmt die Rolle des (stummen) Conferencier, legt eine Filmrolle ein, schiebt den Vorhang zur Seite – und auf der Leinwand flimmert eine Schwarzweiß-Wochenschau von der Traum-Hochzeit Grace Kellys mit Fürst Rainier. Der erste „musikalische Traum“ findet dann neben einem Heuhaufen statt: Die famose Nicole Gütling singt „Somewhere over the Rainbow“, Rebecca Selle haucht wunderbar „As Time Goes Bye“. Und wenn Jens Eisenbeiser und Mike Kühne als „Easy Rider“ auf Motorrädern und mit „Born to be Wild“ auf den Lippen vor einer Rückprojektion durch den Wilden Westen donnern, Tobias Steffen mit „Jailhouse Rock“ Elvis fast vergessen lässt, dann nimmt die Revue jene Fahrt auf, die uns begeistert aufspringen und mitreisen lässt durch die „Träume aus Licht“.
Das Theater Bielefeld wagt sich mit „Company“ an ihr erstes Stephen Sondheim-Musical, das hoffentlich nicht das letzte bleiben wird. Als Glückgriff dieser außergewöhnlichen Produktion entpuppt sich Regisseur Roland Hüve, dem der „Schauspielcharakter“ von „Company“ offensichtlich entgegenkommt. Schreit das 14 Personen-Stück, das nur „Hauptrollen“ hat, doch nach einer straffen Darstellerführung, um die wenig emphatischen Figuren, die man eher distanziert beobachtet, als in sie „hineinzukriechen“, plastisch werden zu lassen. Genauso laden die wunderbaren, mit Dissonanzen verfremdeten Songs eher zum Reflektieren denn zum Mitsummen ein.
Timo Dentlers endrucksvolles Bühnenbild, in dem die Protagonisten mit ihren Problemen in einem überdimensionalen „Hamsterrad“ sinnbildlich auf der Stelle treten, lenkt den Blick direkt auf den Inhalt: Eine Clique befreundeter Paare und Singles reflektiert über Zwei- und Einsamkeit und all die anderen alltäglichen Wehwehchen–Woody Allen am Broadway. Obwohl die männlichen Darsteller allesamt treffsicher gecastet sind und überzeugend spielen, hat man doch den Eindruck, dass Hüve ein ausgesprochener Frauen-Regisseur ist, weil deren Rollen etwas pointierter herausgearbeitet sind. Als Gesamteindruck bleibt aber eine großartige Ensemble-Leistung im Gedächtnis, bei der keiner den anderen an die Wand spielt. Katharina Wiedenhofer hat dazu kleine, aber feine Ensemble-Choreographien einstudiert, die den tänzerischen Fähigkeiten aller gerecht werden. Zum Schluss hat man sich als Zuschauer nicht nur gut unterhalten, man hat gelacht, geschmunzelt, vielleicht eine Träne verdrückt – und möglicherweise ein wenig über sich selber nachgedacht. Ein Musical-Abend, den man gerne noch einmal genießen möchte.
www.dasda.de | www.theater-bielefeld.de
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