choices: Herr Münch, macht Geld glücklich?
Thomas Münch: Eindeutig ja! Aber ab einer gewissen Grenze tritt ein Sättigungseffekt ein. Dann bedeutet mehr Geld nicht automatisch mehr Glück. Köcher und Raffelhüschen sprechen in ihrem „Glücksatlas Deutschland 2001“ davon, dass ab einem Nettoeinkommen von 5.000 Euro dieser Sättigungseffekt eintritt.
Stimmt die Gleichung: große Ungleichheit beim Einkommen = große gesellschaftliche Probleme?
Nach allem, was wir dazu wissen, ist in Gesellschaften, in denen Reichtum und Einkommen relativ gleich verteilt sind wie z. B. in Schweden, eine höhere Zufriedenheit der Menschen nachweisbar – die Menschen sind hier glücklicher. Und das Umgekehrte gilt ebenfalls: Gesellschaften mit einem hohen Grad an Ungleichheit „erzeugen“ unglückliche Menschen.
Umgekehrt: Hilft mehr Gleichheit bei der Bewältigung dieser Probleme?
Eindeutig. Relativ gleiche Gesellschaften haben nicht nur geringere Einkommens- und Besitzunterscheide; sie zeichnen sich vor allem durch stabile Institutionen im Kontext von Gesundheit, Bildung, Recht, Politik und Medien aus, die alltäglich Gleichheit und Sicherheit herstellen. Ungleiche Gesellschaften zeichnen sich dagegen durch einen hohen Grad an Unsicherheit aus. In einem reichen Land wie den USA kann es mehr Ungleichheit – und damit Unglück – als in ökonomisch ärmeren Länder geben. Aber ähnlich wie bei den Individuen gibt es auch hier eine Untergrenze: In den ärmsten Ländern der Welt herrschen zugleich extreme Ungleichheit und ein hoher Anteil an Unglück.
Mehr Gleichheit sorgt für ein Mehr an Zufriedenheit?
Nach allem, was wir wissen – ja! Gleiche und sichere Gesellschaften reduzieren das Faktum der menschlichen Unsicherheit und Kontingenz erheblich. Diese Risikoreduktion erzeugt ganz folgerichtig – und empirisch belegbar – eine höhere Zufriedenheit. Individuelles Glück hängt also zentral von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Wenn dann noch persönliche Merkmale des Individuums wie Optimismus, Extrovertiertheit, Freundlichkeit und Gründlichkeit hinzukommen, ist das Glück perfekt. Bin ich als Individuum aber eher ängstlich, pessimistisch und introvertiert, kann ich am gleichen Ort und zur gleichen Zeit unglücklicher sein, als mein glücklicher Nachbar.
Die Individuen sind überall verschieden …
Der „Glücksatlas Deutschland 2011“ lässt eindeutig erkennen, dass sich Glück in Deutschland regional unterschiedlich verteilt. Die glücklichsten Menschen leben eben nicht im armen Mecklenburg-Vorpommern, sondern im reichen Süddeutschland.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt
Über Realitätsverlust, Lebensqualität und Geld - THEMA 04/12 GLÜCK
Kein Glück ohne Unheil
Martina Biesenbach über Kunst, Glück und Geld - Thema 04/12 Glück
Existenzsicherung vor Selbstbestimmung
Werner Eichhorst über Arbeit, Qualifikation und Autonomie - Thema 04/12 Glück
30 Stunden sind genug!
Michael Kopatz über Arbeitszeit, Lohnverzicht und Lebensqualität - Thema 04/12 Glück
Zum Wohl!
Intro – Rausch im Glück
Lebensqualität gegen Abwärtsspirale
Teil 1: Leitartikel – Drogensucht ist kein Einzelschicksal, sie hat gesellschaftliche Ursachen
„Wir haben das Recht auf Rausch“
Teil 1: Interview – Mediziner Gernot Rücker über die Legalisierung von Drogen
Zwischen Blüte und Bürokratie
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Cannabas-Club e.V. und der neue Umgang mit Cannabis
Gute Zeiten für Verführer
Teil 2: Leitartikel – Das Spiel mit dem Glücksspiel
„Ich vermisse die Stimme der Betroffenen“
Teil 2: Interview – Psychologe Tobias Hayer über Glücksspielsucht
Suchthilfe aus der Ferne
Teil 2: Lokale Initiativen – Online-Projekt des Evangelischen Blauen Kreuzes in NRW hilft Abhängigen
Konsum außer Kontrolle
Teil 3: Leitartikel – Was uns zum ständigen Kaufen treibt
„Dann übernimmt das Lusthirn“
Teil 3: Interview – Psychotherapeutin Nadine Farronato über Kaufsucht
Teufelskreis im virtuellen Warenkorb
Teil 3: Lokale Initiativen – Die Caritas-Suchthilfe hilt auch bei Kaufsucht weiter
Ausgespielt!
Spielautomaten aus Kleinstädten verbannt – Europa-Vorbild: Rumänien
German Normalo
Zwischen Selbstoptimierung und Abhängigkeit – Glosse
Panzer vs. Schulen
Intro – Kriegszitterer
Ausgebeutet und gegeneinander aufgehetzt
Teil 1: Leitartikel – Wie der Westen Afrika in die Dauerkrise gestürzt hat
„Rassismus und Herablassung“
Teil 1: Interview – Historiker Andreas Eckert über die Folgen des europäischen Kolonialismus
Für ein Ende der Ignoranz
Teil 1: Lokale Initiativen – Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ im NS-Dok
Gewalt mit System
Teil 2: Leitartikel – Patriarchale Strukturen ermöglichen sexualisierte Gewalt als Kriegsmittel
„Eine totale Machtdemonstration“
Teil 2: Interview – Kindernothilfe-Mitarbeiter Frank Mischo zu sexualisierter Gewalt in Krisengebieten
Erinnern im ehemaligen Arbeitslager
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Initiative Gedenkort Bochum-Bergen
Multipolare Wirklichkeit
Teil 3: Leitartikel – Der Abstieg des Westens und der Aufstieg des BRICS-Bündnisses
„Zunehmende Unglaubwürdigkeit des Westens“
Teil 3: Interview – Politologe Ulrich Brand über geopolitische Umwälzungen und internationale Politik