Schon einmal hat eine Nonne Furore im Musical gemacht: Schwester Maria verließ in Rodgers und Hammerstein „Sound of Music“ das Kloster, um den sieben Kindern eines verwitweten Baron die Mutter zu ersetzen – und die weltberühmte, singende Trapp-Familie zu gründen. In dem auf dem gleichnamigen Kultfilm mit Whoopi Goldberg beruhenden Musical „Sister Act“ geht jetzt die Nachtclubsängerin Doloris den umgekehrten Weg: sie flüchtet in ein Kloster und mischt dort als Schwester Mary Clarence nicht nur den Chor auf.
Untergetaucht bei den Nonnen ist sie auf Anraten des Polizisten Eddie, weil der sie als Zeugin vor Gericht braucht: sie hatte gesehen, wie ihr zwielichtiger Geliebter Curtis einen vermeintlichen Spitzel umbringt. Doch der Medien-Rummel um den runderneuerten Nonnen-Chor bleibt auch Curtis nicht verborgen. So macht er sich mit drei seiner Ganoven auf in die heiligen Hallen – hat aber die Rechnung ohne Doloris Mitschwestern gemacht. Es siegt schließlich das Gute – und happyendlich swingt sogar der Papst zu den souligen Rhythmen mit.
Komponist Alan Menken („Der kleine Horrorladen“) und seine Autoren haben aus der Film-Vorlage ein „Gute-Laune“-Musical gemacht, bei denen man am liebsten auf die Bühne springen, mitsingen und -tanzen möchte. Wie schon der Film, lebt auch das Musical vom Charisma der Hauptdarstellerin. Und die hat keine andere ausgewählt als Whoopi Goldberg selbst, die für die deutsche Erstaufführung in Hamburg (2011) mit der in Deutschland geborenen Südafrikanerin Zodwa Selele einen Musical-Star entdeckte, der jetzt auch in Oberhausen dem Stück das Sahnehäubchen aufsetzt. Ihre soulige Stimme erinnert an Diana Ross, ihre Quirrligkeit und komisches Talent an ihre Entdeckerin. Zodwa Selele zieht sie im bestaunenswerten Bühnenbild von Klara Zieglerova eine One-Woman-Show ab, die Carline Brouwer genau auf den Punkt hin inszeniert hat – und die sich den Eintritt ins Musical-Paradies nur durch die holprigen deutschen Liedtexte und eine nicht gerade innovative Choreographie selbst verbaut.
Während Anthony van Laast die tänzerischen Möglichkeiten bei „Sister Act“ nicht ausnutzt, macht Rebecca Groß bei dem Kammermusical „Die Schreibmaschine“ im Bottroper Jugendzentrum „Spielraum“ das optimale aus den ihren: sie überfordert mit ihrer kleinen, aber feinen Choreographie das engagierte Laien-Ensemble nicht. Die jungen Multi-Talente Tim Berkels (Buch, Liedtexte, Regie, Bühnenbild) und Raphael Groß (Musik, Liedtexte) – die selbstredend auch die Hauptrollen in diesem viktorianischen Krimi um ein mörderisches Familiendrama spielen – schielen dagegen allzu sehr auf die üblichen Musical-Events von Webber und seinen Epigonen, anstatt einen eigenen Stil zu entwickeln. Das nötigt die Sänger in Höhen, die sich (noch) nicht bewältigen können und die Geschichte in den zwischenzeitlichen Leerlauf. Zum Glück überspielt die famose Live-Band unter der Leitung von Jakob Schneider so manchen künstlerischen und technischen Hänger, sodass man auf die Aufführungen im professionellen Katielli-Theater in Datteln (10.+ 11.1.) gespannt sein kann.
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