Als Gerd Dudek 1960 in Köln zu tun hatte, wo er drei Jahre später im Kurt Edelhagen-Orchester unter Vertrag kam, fuhr er mit seinem Trompeterkollegen Dusko Gojkovich nach Düsseldorf. Angesagt waren dort Miles Davis, an dessen Seite damals John Coltrane sein Horn blies, Stan Getz und Oscar Peterson – die Creme im damals angesagten amerikanischen Jazz. Im Backstage-Bereich traf er dann sogar seinen Helden „Trane“ leibhaftig an der Bar. Gesagt hat Dudek damals nichts, aber er erinnert sich an das folgende Konzert noch sehr gut. Was haften blieb, nennt Dudek den „Spirit“, der Coltranes Spiel so faszinierend und nachhaltig beseelte. Zum 50. Todestag seines Helden im nächsten Jahr hat der 1938 in Schlesien geborene Saxophonist eine Hommage an John Coltrane eingespielt.
Niemand hat wohl auf dem Tenorsaxophon so machtvoll eruptiv geblasen wie dieser, der sich in seiner Entwicklung bereits vor dem Besuch in Düsseldorf immer mehr von allen Barrieren befreien konnte: Seine Skalen und Arpeggien, seine Anleihen bei arabischen und indischen traditionellen Musiken überrollten alle Grenzen bis zum Freejazz – die Musik von Coltrane ist das Gegenteil von Easy Listening, die Intensität fordert den ganzen Hörer. Sein Mitstreiter in Sachen Freiheit hieß damals Ornette Coleman, ein trotz gleicher Laufrichtung in nichts vergleichbarer Musiker; er starb erst im letzten Jahr. Ihm zahlte einer seiner ersten Bandchefs eine Gage, wenn er nicht spielte – so erzählte er selbst. Auch bei Coltrane, dessen Spiel die Fachwelt in jeder Phase faszinierte, wurden krasse Bilder zur Beschreibung verwendet: Er bearbeite sein Tenor, als „wolle er es in Stücke blasen“. Und jemand meinte: „Das einzige, was du von John Coltrane erwarten kannst – und erwarten solltest – ist das Unerwartete.“
Gerd Dudek hat in seiner langen internationalen Laufbahn Parallelen aufzuweisen. Auch er war bei den Pionieren, als der deutsche Freejazz griff. Sein früherer Wegbereiter Manfred Schoof setzte ihm eine Würdigung ins Booklet und betont Dudeks Nähe zu Coltrane. Mit Schoof, mit Albert Mangelsdorff und Wolfgang Dauner spielte Dudek, bereits 1968 reiste er mit den German All Stars nach Südamerika. Im Globe Unity Orchestra fand er eine Heimat, er spielte international.
Für seine CD konnte er das hervorragende Martin Sasse Trio begeistern, mit dem McCoy Tyner-Fan Sasse am Klavier, dem Bassisten Martin Gjakonovski und dem Drummer Hendrik Smock. Diese Band produziert unter dem authentischen rauen Dudek-Sound eine zeitgemäße Reflexion von Lieblingsnummern des amerikanischen Großmeisters, darunter „Afro Blue“, Gershwins „Summertime“, „Soul Eyes“, Coltranes eigene Komposition „Impressions“ oder die wunderschöne Cole-Porter-Ballade „Everytime We Say Goodbye“. Die Live-Aufnahme aus dem Loft in Köln spiegelt den reifen Dudek, der sich für diese Hommage nicht sonderlich verbiegen muss – sein technisch versiertes wie emotional intensives Spiel auf Tenor und Sopran trägt den „Trane“ im Herzen.
CD „out of this world“ | Gerd Dudek 4 | Planet Jazz Cologne – PJC001
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