Nichts wirkt beruhigender auf den Financier eines Jazzclubs als eine volle Hütte. „Es muss ja“, meint der Jazzfan und Club-Betreiber Jochen Axer, als wir uns zwischen zwei sehr gut verkauften Sets an einem Abend auf der Straße vor dem Club treffen. Der Chef muss organisieren, dass der Konzertraum sich pünktlich leert, damit die zweite Schicht anrücken kann. Es herrschen beinahe amerikanische Verhältnisse direkt am Ebertplatz. Das gab es sogar beim legendären Subway nie, zwei Shows an einem Abend. Der Club scheint also angekommen zu sein in der Jazzstadt Köln – und lockt mehr als nur das übliche Publikum an. Der Straight Ahead-Jazz hat eben auch viele junge Fans, die sich die teilweise älteren Damen und Herren auf der Bühne „original“ anhören wollen – und das in einer konservativen bis musealen Atmosphäre, aber mit hochwertigem Equipment. Viele Shows werden auch als Stream angeboten.
Im Winter ist es warm in der vollen Stube. Die Temperatur steigt noch beim energiegeladenen Jesse Davis Quartet. Der heute bullige Altist wird häufig mit der Legende Cannonball Adderley verglichen. In seiner Band sorgt der österreichische Drummer Mario Gonzi für permanenten Swing – ein konservativer Vertreter der Theorie, dass Kunst auch von Können kommt, und ein begeisternder Techniker an seinem Instrument.
Technik fasziniert auch die „European All Stars“. Martin Sasse, der Künstlerische Leiter des King Georg, begrüßt neben zwei vertrauten Kollegen im Rhythmus den französischen Trompeter Stephane Belmondo, der mit seinem Bruder, dem Saxofonisten Lionel Belmondo, ein mehrfach preisgekröntes Hardbop-Quintet betrieb. Am Saxophon steht in der Kölner Star-Collection Gábor Bolla, in den Neunzigern ein Wunderkind an der Klarinette, der dann den Jazz und das Saxophonspiel eroberte – mit einem unglaublichen Fahrplan durch die internationale Crème de la Crème des Jazz. Mit dem Schlagzeuger Bernd Reiter, der auch in Köln dabei ist, hat Bolla mit seinen Kollegen Tony Lakatos und Rick Margitza als „The Gipsy Tenors“ auch schon in Köln eine wilde Battle-Show inszeniert – natürlich mit Clubchef Sasse an den Tasten.
Jesse Davis Quartet | Di 16.1. | European All Stars | Do 25.1. | King Georg, Köln | kinggeorg.de
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