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„The Black Rider“ am Theater Bonn
Foto:Thilo Beu

Kleine Theater ganz groß

24. Januar 2013

Grandios: „La Cage aux Folles“ und „Black Rider“ – Musical 02/13

Nachdem das Grenzlandtheater im letzten Jahr bewiesen hatte, dass man ein Broadway-Musical („Der Mann von La Mancha“) durchaus ohne Qualitäts-Einbußen auf einer kleinen Bühne produzieren kann, fuhr man dieses Mal nur mit der Frage nach Aachen: Wie löst Regisseur Ulrich Wiggers das Problem mit der für dieses Stück doch so unentbehrlich scheinenden Showtreppe, auf der die Travestie-Stars des Nachtclubs „La Cage aux Folles“ ihre großen Auftritte haben? Dann öffnet sich nach der Ouvertüre der Vorhang – und auf einer kleinen, runden, dreistufigen Showtreppe stehen die Cagelles, die mit „Wir sind, was wir sind“ gleich das Statement des Musicals abgeben. Wenn danach die aus drei „Tortenstücken“ bestehende Treppenpyramide, in der Bühnenarbeiter wie in einer Seifenkiste liegen, in die Kulissen „radeln“, zeigt sich wieder der schier grenzenlose Einfallsreichtum des Bühnenbildners Matthias Winkler, der schon zum festen Inventar der Inszenierungen von Ulrich Wiggers gehört.

Dass sich das Musical auch hierzulande zu einem Dauerbrenner entwickelt hat, liegt nicht zuletzt an Jerry Hermans (u.a. „Hello Dolly!“, „Mame“) zeitlosen, eingängigen Kompositionen – die neben dem zur Theater-Hymne avancierten „The Best Of Times“ auch den von vielen Pop-Größen gecoverten Hit „I am, what I am“ enthalten – und seinem unverkrampften Umgang mit dem Thema Homosexualität: Als Jean-Michel, der „Sohn“ des seit 20 Jahren zusammenlebenden Homosexuellen-Paares Albin und Georges, Anne heiraten will, die Tochter des konservativen Politikers Dindon, gilt es, den Brauteltern eine gutbürgerliche Fassade vorzutäuschen. Was natürlich zu den üblichen Irrungen und Wirrungen einer Boulevardkomödie führt.

Auch zu den Kammerspielen in Bonn-Bad Godesberg lohnt sich die (Musical-)Reise: Grotesker kann man das Musical „Black Rider“ der Regietheater-Legende Robert Wilson, des Beatgeneration-Kultautors William S. Burroughs und des Singer-Songwriters Tom Waits gar nicht inszenieren. Wenn Regisseur Matthias Kaschig seinen Helden Wilhelm auf die im Bühnenhintergrund in einem zielscheibenrunden Loch sitzenden Musiker schießen lässt, dann geben sich Vergangenheit und Gegenwart ein makabres Stelldichein. Denn jeder der Musiker hat einen Apfel auf dem Kopf, wie weiland Burroughs Frau, mit der er im angetrunkenen Zustand „Wilhelm Tell“ spielte und sie dabei erschoss. Auch die aktuelle Waffen-Narretei kommt einem in den Sinn: „Das Gewehr ist unsere Butter, die Munition unser Brot.“ Stelzfuß, den Hendrik Richter mit satanisch-verführerischem Charme im Stil eines „Cabaret“-Conferenciers spielt, führt höchstpersönlich durch die auf einer Volkssage beruhende Geschichte, die auch C. M. von Weber zu seiner Oper „Freischütz“ inspirierte. Nur geht die gut aus, während bei „Black Rider“ nicht nur die Musiker von ihren Instrumenten fallen, sondern auch des Försters Tochter Käthchen von des Teufels Zauberkugel getroffen wird. Dabei wollte Wilhelm sie mit einem „Probeschießen“ endlich zur Frau gewinnen. Dumm gelaufen für den Schützen – aber ein grandioses Vergnügen für den Zuschauer.

www.grenzlandtheater.de | www.theater-bonn.de

Rolf-Ruediger Hamacher

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