„Ich bin erstaunt, wie gut ich hierher passe“, gesteht Sonia Franken, die sich derzeit in Schottland aufhält. Denn für die Arbeit, die sie seit zehn Jahren – vorwiegend in Köln – verrichtet, gibt es dort nicht nur einen Namen, sondern sogar ein Festival. „Manipulate“ nennt sich das Treffen internationaler Theatermacherinnen in Edinburgh, die ihre Begeisterung für das Visual Theatre verbindet. Der Begriff ruft uns ins Bewusstsein, dass Theater nicht alleine von der Sprache, sondern auch vom Bild lebt. Text gibt es nur vereinzelt in den Arbeiten von El Cuco Projekt, der Gruppe, die Sonia Franken und Gonzalo Barahona gemeinsam gründeten. Die Attraktion ihrer Inszenierungen besteht aus großen, von den beiden selbst hergestellten Tiermasken, die hyperrealistisch Katzen, Fledermäuse oder Echsen darstellen.
Tanz mutiert hier zur Bewegungsstudie, in der Körper und Geste aufeinander abgestimmt sind. „Mich fasziniert die intensive Auseinandersetzung mit diesen Lebewesen“, erklärt Franken. Tatsächlich erschließen sich die Produktionen von El Cuco nicht so sehr über den metaphorischen Einsatz der Tiere, sondern eher über ihre Belebung von innen. Dem Publikum bieten diese Inszenierungen ein ganz ungewöhnliches Theatererlebnis. Die neue Produktion trägt den Titel „Mata Dora“ und bezeichnet die Namen zweier Kühe, die Tennis spielen, während ein Vogel als Schiedsrichter auf die Einhaltung der Regeln zu achten versucht. Was ihm kaum gelingt, denn es handelt sich um wilde Kühe. Bei ihnen bricht die Herkunft vom Auerochsen hervor, dem letzten in Europa lebenden Wildtier, das schon vor Jahrhunderten ausgerottet wurde, dessen Konterfei sich aber schon an den Wänden der Urzeithöhlen findet.
„Trotz der krassen politischen Situation, in der wir uns im Moment befinden, wollen wir den Humor nicht verlieren. Das Lachen gehört spielerisch dazu“, erklärt Sonia Franken, die absurde Kontraste schätzt. Angesichts des zehnjährigen Jubiläums werden die Spielerinnen diesmal auch die Masken abnehmen. So gestalten sich die Übergänge zwischen Mensch und Kuh noch fließender. Empathie spielt dabei eine Rolle, denn „wenn wir die Tiere als Individuen wahrnehmen, verändert das unsere Wahrnehmung für sie“, meint Sonia Franken. Zugleich eröffnet es uns die Möglichkeit, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Mata Dora | Alte Feuerwache, Köln | 7., 8., 9., 10.3., 25., 26.5. | Theater im Ballsaal, Bonn | 18.4.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Tanzen, auch mit Prothese
Inklusive Tanzausbildung von Gerda König und Gitta Roser – Tanz in NRW 01/25
Die Erfolgsgarantin
Hanna Koller kuratiert die Tanzgastspiele für Oper und Schauspiel – Tanz in NRW 12/24
Im Kreisrund sind alle gleich
4. Ausgabe des Festivals Zeit für Zirkus – Tanz in NRW 11/24
War das ein Abschied?
Sônia Motas „Kein Ende“ in den Kölner Ehrenfeldstudios – Tanz in NRW 10/24
Die KI spricht mit
Franz Kafkas „Der Bau“ in der Alten Wursterei in Köln – Prolog 10/24
Supergau?
Die TanzFaktur steht wieder einmal vor dem Aus – Tanz in NRW 09/24
Kaffee, Kuchen, Stacheldraht
12. Tanz.Tausch Festival in der Kölner TanzFaktur – Tanz in NRW 08/24
Feder statt Abrissbirne
„Fem:me“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 07/24
Wunderbar: alles ohne Plan
„Leise schäumt das Jetzt“ in der Alten Feuerwache – Tanz in NRW 07/24
Alles über Füchse
„Foxx“ in den Ehrenfeldstudios – Theater am Rhein 07/24
Vor der Selbstverzwergung
Ausstellung zu den „Goldenen Jahren“ des Tanzes in Köln – Tanz in NRW 06/24
Freiheitskampf
„Edelweißpiraten“ in der TF – Theater am Rhein 06/24
Philosophie statt Nostalgie
Das Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 05/24
Das Unsichtbare sichtbar machen
Choreographin Yoshie Shibahara ahnt das Ende nahen – Tanz in NRW 04/24
Kommt die Zeit der Uniformen?
Reut Shemesh zeigt politisch relevante Choreographien – Tanz in NRW 02/24
Am Ende ist es Kunst
Mijin Kim bereichert Kölns Tanzszene – Tanz in NRW 01/24
Tanz auf Augenhöhe
„Chora“ in der Tanzfaktur – Tanz in NRW 12/23