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„Tausend Wünsche – eine Quelle”
Foto: Thilo Beu

Off-Bonnway

01. Mai 2010

"Tausend Wünsche" und "What a feeling it" - Musical in NRW 05/10

So schnell hat ein Theater wohl selten reagiert, um aus einem aktuellen Zeitgeschehen ein Musical zu stricken. Kaum ist der „Quelle“-Konzern pleite, gibt es schon eine musikalische Hommage auf das legendäre Versandhaus. In der „Werkstatt“ der Bonner Oper hat Regisseur Jens Kerbel mit „Tausend Wünsche – eine Quelle oder Der Pfennig ist die Seele der Milliarde“ eine Revue eingerichtet, die schon nach wenigen Vorstellungen zum Kult avanciert ist.

Und so sitzt man auf der Zuschauertribüne und blickt auf ein von Bühnenbildner Ansgar Baradoy stilecht durch Umzugskartons eingerahmtes Katalog-Wohnzimmer mit Couchtisch, Universum-Musiktruhe und Zimmerspringbrunnen. In dieses nostalgische Ambiente schickt Kerbel sein großartiges Schauspieler-Trio Susanne Bredehöft, Anke Zillich, und Günter Alt. Sie singen und erzählen, mal in der Rolle von Konzern-Mitarbeitern, mal als Kunden, von einer Konsum-Welt aus „Gammel“- Blusen, Draht-Salzletten-Boys, Kämmen, die die Haare färben und „Supra Elasti“-Miedern für üppige Damen. Dazu stimmt Marcus Schinkel am E-Piano Kerbel „Bei mir bist du scheen …“ an –, und das Trio lässt glatt die Andrew Sisters vergessen. Nach 60 flotten Minuten ist der „Quelle“-Spuk vorbei – obwohl man am liebsten noch stundenlang in dem musikalischen Katalog blättern würde.

Gleich um die Ecke, im Amphitheater ähnlichen „Contrakreis-Theater“ verbreiten sieben schauspielernde Musiker (oder sind es sieben musizierende Schauspieler?! ) in „What a Feeling II“ genauso viel gute Laune: Die Coverband „Love Cats“ ist nach ihrem großen Erfolg von 2002 mit „What a Feeling“ zurück – nur ist ihnen eine Sängerin abhanden gekommen. Also wird gecastet und mit der quirligen Diana ein neues Bandmitglied gefunden. Doch die attraktive Sängerin verdreht den Jungs den Kopf, was nicht nur zu Eheproblemen führt. Auch nach dem eigenen Ich wird gesucht und sich vor der Polizei versteckt. Aber natürlich gibt es – anders als bei „Quelle“ – ein Happy End: Die Band feiert eine triumphale Premiere. Und da sie mitten im Publikum steht, feiert und singt das in Bonn zum Finale auch kräftig mit. Horst Johanning hat diese musikalische Revue im Stil eines turbulenten Boulevardstücks kurzweilig inszeniert. Stephan Ohm hat dazu Songs von Robbie Williams („Let me entertain you“), Cher („I got you Babe“), Elvis („Jailhouse Rock“) und anderen Pop-Größen bis hin zu Anastacia („I‘m outta Love“) für das Ensemble eingerichtet, das mit überbordender Spiellaune mitreißt. Vor allem Leon van Leeuwenberg – der wohl beste „Sidekick“ unter unseren Musical-Darstellern (zuletzt in „Hairspray“ als Uwe Ochsenknechts Gatte zu bewundern) – und die sowohl stimmlich wie schauspielerisch überzeugende Nicole Rößler brillieren als ständig zerstrittenes Ehepaar. Über allen aber strahlt die Musical-Entdeckung der letzten Jahre: Elisabeth Ebner, deren Vielfältigkeit wie geschaffen ist für das Genre, und der man am liebsten jeden Tag zusehen und -hören möchte – auch an den „spielfreien“ Tagen.

www.theater-bonn.de I 0228 77 80 08 www.contra-kreis-theater.de I 0228 63 23 07

Rolf-Ruediger Hamacher

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