„Wohnen für Hilfe" ist mittlerweile in rund 30 deutschen Universitätsstädten für Studenten zu einer Alternative auf dem Wohnungsmarkt geworden. Das Prinzip ist einfach und wenn es klappt, liegt für beide Seiten eine Win-win-Situation vor: Ältere oder behinderte Menschen, Alleinerziehende und Familien stellen Studenten für eine reduzierte Miete oder kostenlos ein Zimmer. Im Gegenzug helfen diese ihnen im Alltag – pro Quadratmeter Wohnfläche eine Stunde im Monat, lautet die Faustformel. Die Studenten gehen mit dem Hund Gassi, helfen beim Einkauf, machen Hausaufgaben mit den Kindern. Die Anbieter unterscheiden sich von Stadt zu Stadt, in Freiburg hat das Studierendenwerk die Organisation übernommen, in Köln firmiert sie unter der Humanwissenschaftlichen Fakultät im Department für Heilpädagogik und Rehabilitation.
Seit 2005 gibt es „Wohnen für Hilfe“ in Köln. Seit 2009 ist auch die Stadt mit im Boot und finanziert das Projekt. Im Schnitt werden 80 Wohnpartnerschaften pro Jahr vermittelt. „Die Nachfrage ist enorm“, sagt Sandra Wiegeler, eine der beiden Kölner Koordinatorinnen. „Es gibt immer mehr Interessierte, als Wohnraumanbieter. Darum wären mehr Angebote eine feine Sache“, sagt Wiegeler. Trotzdem ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt. Konflikte gibt es auch immer wieder, dann muss Wiegeler oder ihre Kollegin Heike Bermond ran. „Mediation“ heißt das Zauberwort. „Es wird immer dann schwer, wenn die beiden Parteien nicht oder nicht ausreichend kommunizieren“, sagt Wiegeler. Damit sich zwei Parteien, die nicht viel voneinander wissen, nicht aneinanderketten, ist nach den ersten Kennenlern-Treffen ein Probe-Wohnen vorgesehen. „Vierzehn Tage können beide Seiten dann sehen, ob es passt“, erklärt Wiegeler. Kommen beide Seiten gut miteinander aus und wollen zusammen wohnen, wird ein Vertrag abgeschlossen, in dem genau geregelt ist, was und wie viel der Mitbewohner helfen soll. „Ausgeschlossen sind pflegerische Leistungen jeder Art“, stellt Wiegeler klar. Alles andere sei Verhandlungssache. „Die Klassiker sind Hilfe im Haushalt oder Garten, Fahrdienste und der Einkauf“, erläutert Wiegeler.
Auch ein Klassiker ist das Modell Studenten wohnen bei Senioren. Das hat, laut Wiegeler, zweierlei Gründe: Auf der einen Seite leben sie häufig in größeren Wohnungen, wo einst die ganze Familie Platz hatte. Andererseits seien für Senioren helfende Studenten die Chance, möglichst lange in ihrer Wohnung, ihrem Veedel zu bleiben. „Wo sollen sie auch hin?“ fragt Wiegeler. Sie persönlich hält darum nichts von Ideen, wie der der IG Bau, älteren Menschen mit einer Umzugspauschale von 5000 Euro den Einzug in eine kleinere Wohnung zu ermöglichen, um Platz für eine junge Familie zu machen. Sie würde lieber auf intelligente Quartierskonzepte setzen. Das sorge für die richtige Durchmischung.
Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Gehen oder Bleiben?
Das Wohnraum-Drama in drei Akten – THEMA 04/15 WOHNART
„In einer Stadt wie Köln wird einem jedes Grundstück aus den Händen gerissen“
Architektin Almut Skriver, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative Helios, über Stadtentwicklung – Thema 04/15 Wohnart
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Es sind bloß Spiele
Teil 1: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 2: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 2: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Das Spiel mit der Metapher
Teil 3: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 3: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Demokratischer Bettvorleger
Teil 1: Leitartikel – Warum das EU-Parlament kaum etwas zu sagen hat
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 1: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 1: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Europäische Verheißung
Teil 2: Leitartikel – Auf der Suche nach Europa in Georgien
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 2: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
Europa verstehen
Teil 2: Lokale Initiativen – Initiative Ruhrpott für Europa spricht mit Jugendlichen über Politik
Paradigmenwechsel oder Papiertiger?
Teil 3: Leitartikel – Das EU-Lieferkettengesetz macht vieles gut. Zweifel bleiben.
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
Verbunden über Grenzen
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertal und seine europäischen Partnerstädte
Soziale Energiewende
Klimaschutz in Bürgerhand: Das Energy Sharing – Europa-Vorbild: Österreich