Chopin, Komeda, Możdżer – drei polnische Namen mit einem Unbekannten. Leszek Możdżer, Pianist aus Polen, holte sich vor Jahren noch bei seinen berühmteren Landsleuten Schützenhilfe. Jetzt kehrt er zum dritten Mal zurück, um am Klavier einen ganzen Abend in der Kölner Philharmonie zu gestalten. Und er bringt sich diesmal einen Vibraphonisten und ein Streichquartett mit. Das klingt schon ohne Musik vielversprechen bunt.
Seinem Grundkonzept bleibt der Pianist treu, es gibt keine Berührungsängste. Bei einem Solo-Besuch vermischte er Musik seiner großen Landsleute – Chopin tauchte in wilden Verzierungen, hurtigen Girlanden und virtuosen Schmuckläufen auf, Krysztof Komeda, der viel zu früh in Hollywood verunglückte Filmkomponist Roman Polanskis, lieferte sein Erbe in den herangezogenen Kompositionen. Später wechselte der 1971 in Danzig geborene Możdżer zu eigenen Werken und Standards des Jazz, auf diesem Gebiet hat er schon mit den heißesten Typen zusammengespielt, darunter Pianistinnen der Spitzenklasse oder Jazzpromis wie Marcus Miller oder der Gitarrist John Scofield. Regelmäßig konzertiert er mit seiner Landsfrau Anna Maria Jopek, international mit Pat Metheny, Lester Bowie, Arthur Blythe und Archie Shepp. Seit fünfzehn Jahren arbeitet er mit dem schwedischen Bass-Promi Lars Danielsson zusammen, dann oft mit dem israelischen Perkussionisten Zohar Fresco. Dieses Trio ist ein vielgepreistes internationales Edeltrio.
Solo donnerte der Bass aus dem zuvor präparierten Klavier wie im Bombenhagel. Ansonsten läuft das Notenfass des Virtuosen ständig über. Seine flockig fallende Boptail-Frisur, die seine Augen während des Spiels von der Umwelt abschließt, fördert die volle Konzentration auf die Tastatur. Darauf rennen die Finger im Höllentempo, denn Możdżer knüpft an die hohe Schule seines Landsmannes Adam Makowicz – er ist die polnische Legende, der den rasanten Konzertstil eines Art Tatum in einen moderneren Flügelsound überführte. Der neue „Art“ fügt der technischen Brillanz manchmal mit Saitendämpfern oder scheppernden Verzerrern neue Klänge hinzu, abseits seines klassisch geschulten exquisiten Glöckchen-Anschlags. Und er schaffte es sehr sympathisch, sein Publikum mit einem wirklich abwechslungsreichen Programm auf bestem Niveau zu unterhalten.
In Polen bringt es der auch in Klassik, Minimal-Music, Theater-, Film- und Popmusik und allen Fusionen umtriebige Pianist auf enorme Verkaufszahlen im Tonträgermarkt. Mit dem jetzt eingeladenen Atom String Quartet existieren einige Partituren, bei denen die Streicher die wabernden Flächen legen, rhythmische Strukturen schaffen und der Fantasie ihrer beiden Jazz-Improvisatoren freien Lauf lassen. Das gefällt erfahrungsgemäß auch den nicht so eingefleischten Jazzfreunden.
Leszek Możdżer, Dominik Bukowski und Atom String Quartet | Do 17.5. 20 Uhr | Kölner Philharmonie | 0221 280 280
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Nordisches Spitzenprodukt
Rymden am Theater Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 10/24
Experimentell und innovativ
3. New Colours Festival in Gelsenkirchen – Improvisierte Musik in NRW 09/24
Immer eine Uraufführung
4. Cologne Jazzweek – Improvisierte Musik in NRW 08/24
Ein Abend für den Duke
Jason Moran und die hr-Bigband in Duisburg – Improvisierte Musik in NRW 07/24
Musikalische Eröffnung der EM
Bundesjazzorchester mit Tom Gaebel in Dortmund und Köln – Improvisierte Musik in NRW 06/24
Verschiedene Welten
Drei Trompeter besuchen das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 05/24
„Der Jazz wird politischer und diverser“
Jurymitglied Sophie Emilie Beha über den Deutschen Jazzpreis 2024 – Interview 04/24
Orchester der Stardirigenten
London Symphony Orchestra in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 04/24
Besuch von der Insel
„Paul Heller invites Gary Husband“ im Stadtgarten – Improvisierte Musik in NRW 04/24
Pure Lust an der Musik
Das Thomas Quasthoff Quartett im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 03/24
Blickwechsel in der Musikgeschichte
Drei Spezialisten der Alten Musik in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 03/24
Bratschen im Fokus
„Violas Go Wild“ in der Kölner Philharmonie – Musik 02/24
Kleinstes Orchester der Welt
„Solace“ in der Friedenskirche Ratingen – Improvisierte Musik in NRW 02/24
Mit zwei Krachern ins neue Jahr
Jesse Davis Quartet und European All Stars in Köln – Improvisierte Musik in NRW 01/24
Sturmhaube und Ballonmütze
Gregory Porter in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 12/23
Balladen für den Herbst
Caris Hermes Quintett in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 11/23
Wonnemonat für Fusionfans
Drei E-Gitarren erobern das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 10/23