choices: Frau Henke, was hat Sie an „Endzeit“ (VÖ: 22. August) gereizt?
Franziska Henke: Mich hat mehreres an dem Film fasziniert: Erstens die Story, das war etwas, was ich so noch nicht aus Deutschland kannte. Die Geschichte hat für mich eine Tiefe und eine universelle Botschaft, die mich sofort in Ihren Bann gezogen hat, da geht es nicht in erster Linie um Zombies. Zweitens ist es für mich als Komponistin natürlich das Paradies, einen Horror-Score schreiben zu dürfen, unheimliche Sounds zu kreieren und die Musik auch mal groß werden zu lassen.
Wie viele Vorstellungen hat Regisseurin Carolina Hellsgård mit in die Arbeit am Soundtrack eingebracht?
Carolina hat einen sehr klaren Geschmack, der in Richtung Elektronik, weg von zu viel Emotion geht. Sie hat mich von Anfang an mit elektronischen Soundtracks inspiriert.
Wie sah Ihr Arbeitsprozess aus?
Ganz zu Beginn habe ich das Drehbuch und den Comic von Olivia Vieweg gelesen und nach einem Treffen mit Carolina Hellsgård die ersten Moods komponiert. Aufgrund dieser Basis haben wir dann den Sound für den Film weiterentwickelt und sind schnell zu einer Klangästhetik gekommen, die sich aus orchestralen und elektronischen Elementen zusammensetzt. Und dann habe ich mehrere Monate schnittbegleitend gearbeitet.
„Endzeit“ ist geprägt von klassischen Zombiefilm-Elementen, aber auch von sehr atmosphärischen Aufnahmen in der Einsamkeit der Natur. Haben Sie sich dafür von der Musik von bestimmten Filmen oder Komponisten inspirieren lassen?
Von bestimmten Filmen tatsächlich nicht, aber es gab ein paar Soundtracks, die mich musikalisch inspiriert haben, den richtigen Sound für diesen Film zu finden, unter anderem den „Altered Carbon“-Soundtrack von Jeff Russo. Carolina hatte mir auch gleich zu Beginn Hans Zimmers Musik zu „Blade Runner 2049“ ans Herz gelegt. Ich persönlich habe in der Zeit auch Mica Levis „Under the Skin“ gehört, aber wenn ich ganz ehrlich bin... wenn man den ganzen Tag Musik für einen Horrorfilm schreibt, hört man in der Zwischenzeit auch gerne mal was „Positives“ oder einfach gar nichts. Also viel Musik habe ich in der Entstehungsphase zum Endzeit-Soundtrack nicht gehört.
Steht man als Komponistin im Gegensatz zu den Regisseuren und Hauptdarstellern eher im Hintergrund? Würden Sie sich wünschen, dass der Filmmusik mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird?
Ich habe schon den Eindruck, dass der Filmmusik ein großes Interesse entgegenkommt, zumindest gibt es viele Menschen, die die Musik auch ohne Film hören und sich bewusst damit beschäftigen. Es ist sehr schön, dass es auch Festivals wie das „See the Sound“- Festival gibt, die sich speziell mit Musik und Film auseinandersetzen und nicht nur fürs Fachpublikum, sondern für alle da sind.
Sie werden „Endzeit“ Ende August auf dem „See the Sound“-Festival in Köln präsentieren und live kommentieren. Können Sie schon verraten, welche Stellen Sie dort besonders hervorheben werden?
Der Film hat ziemlich viel Musik, alles werde ich sicher nicht kommentieren, aber es gibt ein paar interessante Stellen, die vor allem im Zusammenpiel mit dem Sounddesign stark wirken. Die Unterwasserszene und die Szene am Staudamm sind zwei meiner Lieblingsszenen, auf die ich auch musikalisch eingehen werde.
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