Zusammen mit ihrem Partner Tom Tykwer hat Marie Steinmann 2008 in Kenia ein Pilotprojekt gestartet: Mit einer deutschen Filmcrew ermöglichten sie es jungen Afrikanern, sich als Filmemacher auszuprobieren.
choices: Frau Steinmann, mit Ihrer Produktionsfirma One Fine Day Films unterstützen Sie FilmemacherInnen in Afrika. Wie kam das Projekt zustande?
Marie Steinmann: Unsere kenianischen Koproduktionspartner Ginger Ink haben uns mit dem kenianischen Autor Billy Kahora in Kontakt gebracht. Er erzählte uns von dem Nyawawa-Mythos, dem Leben und Alltag in Kibera, woraufhin wir gemeinsam das Drehbuch für „Soul Boy“ entwickelten.
Gibt es eine Strategie, um zu vermeiden, dass sich kolonialistische Tendenzen, wie man sie aus der klassischen Entwicklungshilfe kennt, bei der Unterstützung einschleichen?
In den letzten Jahren hat der One Fine Day Verein bereits zahlreiche Kunstworkshops in Nairobi durchgeführt. Ich habe dabei eine Arbeitsweise entwickelt, die wir auch in die Spielfilmworkshops übertragen: die Vermittlung ästhetischer Prinzipien als Grundlage, um die eigene Kreativität und das vorhandene Wissen weiterzuentwickeln. Dabei geht es sicher nicht darum, eine Strategie zu entwickeln, um etwas zu verhindern. Vielmehr passen wir unser Training an die individuellen Bedürfnisse vor Ort an und beobachten sehr genau, was wir verbessern oder anpassen müssen.
„Soul Boy“ ist sehr vom kulturellen Hintergrund geprägt. Geht es um regionale Eigenarten, oder würden Sie auch einen afrikanischen Genrefilm produzieren?
Jeder Film erzählt aus einer Situation, einer Welt, seinem kulturellen Hintergrund heraus. „Soul Boy“ bietet uns in Deutschland die Möglichkeit, Einblick in den Lebensalltag des größten Slums Afrikas zu bekommen. Eine Erfahrung, die wir als Zuschauer ohne das Medium Film nicht so einfach machen würden. Natürlich geht es dabei um die regionale Eigenart, und wenn diese regionale Eigenart als Genrefilm erzählt werden muss, dann würden wir das natürlich auch produzieren. Solange es sich im Rahmen unserer Produktionsbedingungen verhält.
Müssen Sie als Produzenten nicht fürchten, dass die Filme aufgrund der starken regionalen Thematik sehr schwer zu vermarkten sind? Der Film läuft ja nicht nur in Kenia bzw. Afrika, sondern startet auch in Deutschland …
Leider lässt sich für keinen Film vorhersehen, wie erfolgreich er am Schluss tatsächlich ist. Als Produzent trägt man immer das Risiko, dass sich niemand für den Stoff interessiert. Nun gewann „Soul Boy“ beim Filmfestival in Rotterdam den Publikumspreis, wurde in Edinburgh, Sydney, Montreal, Chicago und Durban gezeigt. Bei der diesjährigen Berlinale kam der Film großartig beim jungen Publikum an, und wir sind gespannt, was die deutschen Kinozuschauer sagen.
Sie drehen zurzeit in Nairobi bereits den zweiten Film des Projektes. Handelt es sich wieder um einen Jugendfilm, und wird er wieder in Deutschland in die Kinos kommen?
Bei unserem neuen Projekt handelt es sich nicht um einen Kinder- und Jugendfilm. „Nairobi Half Life“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der vom Land in die Stadt kommt, um seinen Traum, Schauspieler zu werden, zu verwirklichen. Ob er in die deutschen Kinos kommt, wissen wir noch nicht. Zunächst muss der Film fertig werden. Und das ist auch noch eine Reise.
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