Man war gespannt, was Intendant und Regisseur Peter Carp, der ja nicht gerade als Musical-Spezialist gilt, aus dem größten Broadway-Erfolg Sondheims (765 Vorstellungen en suite) machen würde. Immerhin hat Sondheim es ja verstanden, dem Genre fernab der musikalisch einfältigen Event-Musicals eines Andrew Lloyd Webber und seiner zahlreichen Epigonen neue Reize abzugewinnen. Dass er dem Zuschauer dabei mit seinen teils dissonant klingenden Melodien und Harmonien nicht gerade ins Ohr kriecht, sondern höchste Konzentration von Sängern, Orchester und Zuschauer verlangt, macht seine Musicals (u.a. „Company“, „Sweeney Todd“) so einmalig.
Bei „Into the Woods“ gibt Peter Carp jungen Talenten eine Chance, tat sich erstmalig mit dem Studiengang Musical an der Essener Folkwang Universitätder Künstezusammen. Unter der Musikalischen Leitung von Prof. Patricia M. Martin und Prof. Michael David Mills hat er junge Musical-Talente der Hochschule und singende Schauspieler seines Hauses zu einem Ensemble zusammengeschweißt, dass er nun „Ab in den (Märchen-)Wald“ schickt. Begleitet von einem Erzähler (wunderbar sarkastisch: Jürgen Sarkiss), der in einem am Bühnenrand aufgebauten 60er-Jahre-Wohnzimmer sitzt und als „geheimnisvoller Mann“ auch schon mal ins Geschehen eingreift. Und bei dem handelt es sich um eine Märchen-Collage der Grimmschen Figuren aus Aschenputtel, Rapunzel und Rotkäppchen und dem angelsächsischen Märchen von Hans und der Bohnenstange.
Eine böse Hexe hat ein Bäcker-Ehepaar mit dem Fluch der Kinderlosigkeit belegt, der nur gebrochen wird, wenn sie ihr eine Kuh so weiß wie Milch, einen Umhang so rot wie Blut, Haar so gelb wie Korn und einen goldenen Schuh bringen. Nach dem Opening im Trailerpark, wo die meisten Figuren der Geschichte eingeführt werden, verschwinden die Wohnwagen von der Bildfläche und machen einem stattlichen, auf der Drehbühne installierten Wald (genial entworfen von Caroline Forisch) Platz, in dem dann ein hintergründiges Märchen für Erwachsene beginnt, das nach vielen Verwicklungen auf ein Happy-end zuzusteuern scheint, um dann im 2. Akt, in dem viel gestorben und betrogen wird, etwas moralinsauer in einer pathetische Botschaften aussendenden Lebensgemeinschaft der Überlebenden zu enden:„Niemand ist allein“.
Es ist vor allem das präzise Timing, dass an Carps Inszenierung beeindruckt und die geschlossene Ensemble-Leistung, aus der eigentlich nur Karina Schwarz herausfällt, deren Wandlung von der bösen zur mondänen Hexe sie leider weder gesanglich noch schauspielerisch mit Charisma füllt. Wirklich sexy kommt dagegen Vera Weichel als Rotkäppchen rüber, deren Tanz (verführerisch lasziv choreographiert von Morgan Nardi) mit dem bösen Wolf (Jan Bastel) für Momente alte Fred-Astaire-Ginger-Rogers-Musical-Herrlichkeit auferstehen lässt. Auch das schmachtende Duett („Liebesqual“) der beiden Prinzen (Merlin Fargel, Jan Bastel) gehört wie Yvonne Forsters (als Bäckerin) beeindruckende Bühnenpräsenz zu den Höhepunkten dieses wahrlich märchenhaften Musical-Abends.
„Into the Woods“ | 3.5., 17.5., 21.5., 28.5. je 19.30 Uhr und 11.5. 18 Uhr | Theater Oberhausen | Info: 0208 8578 184
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