Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen gelten als Wohlfühlveranstaltungen: Erfolge und Profitmaximierung werden beklatscht, die Ausschüttung von Dividenden mit großer Mehrheit beschlossen. Sind Vertreter der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre vor Ort, machen sie dem einen Strich durch die Rechnung. Dann steht die Frage nicht nur nach der Gewinnhöhe auf der Tagesordnung, sondern auch danach, wie dieser Gewinn erwirtschaftet wurde: Sind in der Lieferkette Menschenrechte verletzt worden? Berücksichtigt sie Klimaschutzziele?
Als Aktionärsvereinigung und Nichtregierungsorganisation vertreten die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre seit der Vereinsgründung 1986 in Köln die Anliegen von Mitgliedsorganisationen und Konzerngeschädigten. Mittlerweile besuchen sie jährlich mehr als 40 Hauptversammlungen großer Konzerne, protestieren und konfrontieren Vorstände und Aufsichtsräte mit fragwürdigen Geschäftspraktiken. Der Dachverband wird vor allem durch rund 2000 Fördermitglieder sowie freie Spender unterstützt.
Menschenrechte, Abrüstung, Umweltschutz
„Tatsächlich ist der eigentliche Zweck der jährlichen Aktionärsversammlungen, dass die Vorstände von Unternehmen wie Adidas, Daimler, Deutsche Bank, Siemens und Co sich vor Ihren Anteilseignern erklären“, sagt Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionären. Der ehemalige Journalist arbeitet seit 2006 in der Kölner Geschäftsstelle des Verbandes. Jeder Aktionär hat ein Rede-, Antrags- und Stimmrecht auf der Hauptversammlung. Im Namen seiner rund 30 Mitgliedsorganisationen setze sich der Verband für Menschenrechte, Abrüstung sowie Umwelt- und Klimaschutz ein.
Um an Hauptversammlungen teilnehmen zu können, besitzt der Verband meist ein bis zwei Aktien selbst, zudem übertragen viele Aktionäre ihre Stimmrechte auf den Verein. Der Dachverband mache Kleinaktionären Informationen über umstrittene Geschäftspraktiken zugänglich. Vielen Aktionären sei es wichtig, in nachhaltige Unternehmen zu investieren. „Aber sich selbst aktiv einzubringen, ist ihnen zu aufwendig“, so Dufner.
Aktionärskritik wirksamer als öffentlicher Protest
Ist der Profitdruck einer Aktiengesellschaft überhaupt mit fairem Wirtschaften vereinbar? Markus Dufner ist sich dieser häufig gestellten Frage bewusst. „Wir können Kritik direkt ins Unternehmen tragen und so nachhaltiges Wirtschaften auch bei großen Unternehmen fördern“, erklärt Dufner. Mehr noch als Demonstrationen vor der Haustür oder in Social Media könne ein Unternehmen Kritik seiner Anteilseigner kaum dauerhaft ignorieren.
Für Veränderung brauche es einen langen Atem. Da der Verband meist nicht die Stimmenmehrheit besitze, gehe es darum, langfristig Druck aufzubauen. So zeigte etwa der Protest gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen beim Platinabbau in Südafrika Wirkung: Nachdem Vereinsvertreter gemeinsam mit Betroffenen jahrelang bei den Hauptversammlungen des Chemiekonzerns BASF sowie seines Zulieferers, des Bergbaukonzerns Lonmin, auftraten, wurden schließlich Untersuchungen durchgeführt. Der Verband unterstützt auch eine indigene Gemeinschaft auf der indonesischen Insel Java. Dort will der deutsche Zementhersteller Heidelberg Materials im Kendeng-Gebirge Kalk abbauen, was laut Beobachtern und Betroffenen den Lebensraum absehbar zerstören würde.
GEBEN UND NEHMEN - Aktiv im Thema
schoepflin-stiftung.de | Die Stiftung fördert ziviles Engagement in Bildung, Wirtschaft, Medien und Migration „als Ergänzung und Gegengewicht zu öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren“.
solidarische-moderne.de/de/article/364.alternativen-fuer-eine-gerechte-und-solidarische-europaeische-wirtschafts-und-finanzpolitik.html | Positionspapier des Institut Solidarische Moderne für eine solidarische Wirtschafts- und Finanzpolitik.
imzuwi.org | Das Impulszentrum Zukunftsfähiges Wirtschaften betreibt „Wirtschaftsmöglichkeits-Forschung mit kritischem Blick auf herrschende Ideen und Interessen“.
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