Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Klaus Brantzen als Puck und Matthias Rexroth als Oberon
Foto: Monika Forster

Puck packt sich annen Kopp

26. November 2015

Brittens „A Midsummer Night‘s Dream“ im MiR – Oper in NRW 12/15

Die Bühne lebt – und das liegt nicht nur an den Darstellern. Wie ein atmender Organismus ist die Spielfläche einem ständigen Wandel unterworfen. Mal bildet sie eine Landschaft mit Hügeln, mal einen Wald oder das Meer. Geformt werden die Kulissen von einer formatfüllenden Stoffplane, die mitunter schwerelos zu fließen scheint. Mal liegen die Darsteller darauf, wandeln darüber oder auch mal darunter her. Mittels zahlreicher Schnüre, einer geschickten Beleuchtung und kleiner Videoeinspieler wird die Plane zur Projektionsfläche eines bezaubernden Traumgeschehens. Regisseur Michael und Schulz, Bühnenbildnerin Kathrin-Susann Brose und Beleuchter Patrick Fuchs schaffen eine genial einfache und doch überaus wirkungsvolle optische Entsprechung für Benjamin Brittens Musik. Vor allem für jene der Elfen, die sich in ätherische Klangfarben aus schwirrenden Streichern, perlenden Harfen und weichen Celesta-Glocken getaucht auf der Bühne tummeln. Dieser Sommernachtstraum umfängt sein Publikum mit einer Atmosphäre, der es sich kaum entziehen kann.

Es mag kaum überraschen, dass Brittens Opern-Adaption von Shakespeares „A Midsummer Night‘s Dream“ in England zu seinen größten Publikumserfolgen zählt. Der Dreiakter von 1960 sprüht vor Charme und ist verglichen mit den tragischen Werken wie „Peter Grimes“ oder „Billy Budd“ auch musikalisch eingängiger. Das liegt zum einen am Klangzauber im Orchester, aber auch an den vielen Bezügen zu alter englischer Musik. Für beides hat die britische Dirigentin Julia Jones ein ausgesprochen gutes Händchen. Die kleine Besetzung klingt transparent und akkurat in den vielen kleinen Soli, entwickelt an den dramatischen Stellen aber auch dissonante Bissigkeit.

Unter den Solisten bilden Gäste und Ensemblemitglieder ein spielfreudiges Team mit schön zueinander passenden Stimmen. Countertenor Matthias Rexroth singt einen schlanken und beweglichen Oberon, Bele Krumberger eine klangschöne Tytania. Als eitle Hermia, die gern mit dem Selfie-Stick posiert, kann Anke Sieloff ihr komödiantisches Talent voll ausspielen und singt ihre Partie mit jugendlicher Frische. Alfia Kamalova als Helena und Michael Dahmen als Demetrius sind unter anderem in Kampfmontur zu erleben, wie sie vor Eifersucht ihre Krallen ausfahren. Dass die Regie so weit überdreht, ist eher die Ausnahme. Allerdings kostet Regisseur (und MiR-Chef) Schulz den deftigen Shakespeareschen Humor durchaus kräftig aus und setzt gelungene eigene Akzente. So bekommt Klaus Brantzen als Puck einen kurzen Prolog mit Lokalkolorit: „Homma“, sagt der närrische Elf im abgerissenen Parka und packt sich „annen Kopp“. Auch die übrigen Elfen, verkörpert vom Frauen- und Kinderchor, wirken eher schmuddelig (Kostüme: Renée Listerdal) als märchenhaft herausgeputzt. Sie sind Übriggebliebene aus längst vergangenen Zeiten.

„A Midsummer Night‘s Dream“ | R: Michael Schulz | So 10. 1. 18 Uhr, So 7.2. 18 Uhr | Musiktheater im Revier | 0209 409 72 00

Karsten Mark

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24

Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24

Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24

Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24

„Kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit“
Kapellmeister Hermes Helfricht über Werner Egks „Columbus“ an der Oper Bonn – Interview 06/24

Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24

Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24

Die Seele geraubt
„Hello Dolly“ am Gelsenkirchener MiR – Musical in NRW 04/24

Absurde Südfrucht-Fabel
„Die Liebe zu den drei Orangen“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 04/24

Grund des Vergessens: Rassismus
Oper von Joseph Bologne am Aalto-Theater Essen – Oper in NRW 03/24

Verpasstes Glück
„Eugen Onegin“ in Bonn und Düsseldorf – Oper in NRW 02/24

Täuschung und Wirklichkeit
Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!