Die Leitungsstrukturen der Stadttheater sind veraltet. Patriarchale Strukturen werden nicht länger geduldet – doch die Beharrungskräfte der Alleinherrscher sind stark. Nicht zuletzt bei Politik und Kulturverwaltung. Inzwischen allerdings erklimmen nicht nur mehr Frauen die Chefsessel der Theater, auch Tandemlösungen werden zunehmend erprobt. Für das Mülheimer Theater an der Ruhr ist das ein alter Hut, hat es doch schon immer mit alternativen Formen der künstlerischen Leitung experimentiert. Gegründet von dem Regisseur Roberto Ciulli und dem Dramaturgen Helmut Schäfer durchlief es in seiner mehr als vierzigjährigen Geschichte mehrere Häutungen.
Vor fünf Jahren erst formierte sich an der künstlerischen Spitze ein Trio mit Hausregisseur Philipp Preuß, Dramaturg Helmut Schäfer sowie dem Künstlerischen Geschäftsführer Sven Schlötke. Jetzt steht eine weitere Veränderung an: Das Trio wird in veränderter Besetzung zu einem Quintett erweitert. Anstelle von Philipp Preuß, der sichmehr auf seine Regiearbeiten konzentrieren möchte,rücken nun Dramaturgin und Pressesprecherin Constanze Fröhlich, derDramaturg und Zielgruppenentwickler Alexander Weinstock sowie Kara Handgraaf als Projektleiterin und Mitarbeiterin des Betriebsbüros in die Leitung auf. „Da ist zum einen der Gedanke der Diversität, der die Leitung verjüngen und weiblicher machen soll“, sagt Constanze Fröhlich zu den Gründen der Reformierung, „zugleich möchten wir aber auch die Kommunikation mit dem Ensemble verstärken“. Das Ensemble wählt jede Spielzeit ein stellvertretendes Mitglied in die Leitungsrunde. In dieser Saison ist das der Schauspieler Joshua Zilinske, der gerade erst neu zum Ensemble gestoßen ist.
Die Neuformierung der Leitung hat aber auch ihre Gründe in der Spielplanstruktur des Theaters. Seit vergangener Spielzeit spielt man in sogenannten, terminlich verdichteten „Theaterinseln“ am Anfang, in der Mitte und am Ende der Spielzeit. In diesen Phasen spielt das Theater intensiv vor Ort in Mülheim, dazwischen wird geprobt – oder das Ensemble geht auf Reisen. „Für die Inseln und die Zwischenphasen muss man extrem viel und genau planen“, sagt Constanze Fröhlich, und dafür sei die vergrößerte Leitung ein Muss. Die nächste Spielzeitinsel beginnt im November. Auf dem Programm steht Kleists Komödie „Der zerbrochene Krug“.
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