choices: Herr Zimmermann, wie hoch ist das strukturelle Defizit der Stadt?
Thor Zimmermann: Hier möchte ich nicht dem Berliner Piraten Andreas Baum nacheifern, über die genaue Höhe kann ich daher leider keine Angaben machen. Mir ist in meinen rund drei Jahren Ratsarbeit noch kein Bereich begegnet, den ich explizit für das Kölner Dilemma verantwortlich machen würde. Neben den reinen Pflichtaufgaben, hat auch die „freiwillige“ Arbeit in jedem einzelnen Fachbereich ihre Berechtigung. Beim Personal zu kürzen, ist auch kaum möglich, schon heute hat die Kölner Stadtverwaltung mit 7,99% aufgrund Arbeitsüberlastung einen sehr hohen Krankenstand.
Die wichtigsten Ursachen für das Defizit aus Ihrer Sicht?
Dauerhaft zu lösen sind die chronischen Defizite der Kommunen nur durch eine Neuregelung unseres Steuersystems. Die Einnahmen dürfen nicht länger derart stark schwanken, die verfügbaren Steuereinnahmen müssen zwischen Bund, Land und Kommunen neu verteilt werden – hin zu den Kommunen! Ein weiterer Grund für die Misere ist die mangelnde Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Wenn Aufgaben auf die Kommunen abgewälzt werden, müssen Bund bzw. Land auch die Mittel in voller Höhe dafür zur Verfügung stellen.
Wo sollte aus Ihrer Sicht im städtischen Haushalt gekürzt werden?
Alle Bereiche müssen sparen. Wo Schwerpunkte gesetzt werden, hängt natürlich stark von der Programmatik der jeweiligen Ratsfraktionen ab. Wir könnten uns starke Einschnitte bei allen Projekten vorstellen, die den motorisierten Individualverkehr betreffen. Sparen könnte man sich zum Beispiel die rund fünf Millionen Euro, die für eine eventuelle spätere Unterführung der Rheinuferstraße verbuddelt werden sollen. Aber auch im Kulturbereich halten wir etwa den geplanten Ausbau der Archäologischen Zone für überdenkenswert. Hier können finanzielle Ressourcen eingespart werden, um weiterhin Mittel für Projekte der Freien Szene zur Verfügung zu haben.
Kann das Defizit durch Sparen allein abgebaut werden?
Nein! Wie oben erwähnt, müssen Land und Bund mehr Geld zur Verfügung stellen. Aber Köln kann auch selbst mehr Einnahmen generieren, die Kulturförderabgabe der Hotels, auch die Erhöhung der Grundsteuer B werden von uns unterstützt. Generell gilt: Ausgaben reduzieren, Einnahmen erhöhen.
Welche strukturellen Reformen schlagen Sie vor?
Die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen muss neu und gerechter überdacht werden. Warum steckt Köln viel Geld in seine städtischen Museen, während in anderen Städten ein Teil des Kulturangebots von Land oder Bund bezahlt wird? Oder ist ein Teil der Kostenübernahme der Hartz IV-Regelungen wirklich eine kommunale Aufgabe? Ziel sollte sein, dass ein größerer Teil der Steuereinnahmen auch vor Ort wieder ankommt: nicht nur, aber vor allem in den Bildungs- und Freizeiteinrichtungen – ganz allgemein für ein soziales und kulturelles Zusammenleben in unserer Stadt!
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