choices: Frau Matschke, Schuldenberater sind inzwischen Fernsehstars.
Franziska Matschke: Jetzt müssen wir den Menschen nicht mehr erklären, was ein Schuldenberater ist. Positiv ist auch, dass das Thema Schulden inzwischen nicht mehr ganz so tabuisiert ist.
Muss Ihre Schuldnerhilfe trotzdem bald selbst Schulden machen?
Die Schuldnerhilfe wird keine Schulden machen. Allerdings könnten wir im nächsten Jahr gezwungen sein, unser Beratungsangebot einzuschränken, weil das Geld nicht reicht.
Warum könnte es nicht reichen?
Die Höhe der öffentlichen Förderung der Kölner Schuldnerberatungen ist gedeckelt. Im laufenden Jahr haben wir bereits im Oktober mehr Menschen beraten als vorgesehen und finanziert war. Ob die Stadt das Budget noch einmal aufstockt, ist bisher unklar. Schlimmstenfalls wird das Geld mit dem Budget 2010 verrechnet. Dann müssen wir unsere Beratungen definitiv einschränken.
Die Caritas hat ihre Hartz-IV-Beratung deshalb in diesem Jahr bereits eingestellt. Hat die Schuldnerberatung eine ähnliche Klientel?
Unsere Tätigkeit zielt nicht nur auf Arbeitslose. Die Kölner Schuldnerberatungen können jedem helfen, der in der Stadt wohnt. Etwa die Hälfte unserer Kunden sind Arbeitslose, nicht ganz so viele sind erwerbstätig. Hinzu kommt ein kleiner Anteil von Rentnern und wenige Schüler. Wir bieten daneben auch besondere Beratungen für Kleinunternehmer und Menschen an, die sich im Zusammenhang mit Immobilien verschuldet haben.
Der Umgang mit Immobilienverträgen und -finanzierungen ist kompliziert.
Das stimmt. Deshalb bietet die Schuldnerhilfe Köln e.V. hierzu eine spezialisierte Beratung an. Die Berater sind in diesem Bereich gezielt geschult. Unterstützung erhalten wir auch von Ehrenamtlichen, die ihr Spezialwissen zur Verfügung stellen. Im Fall der Immobilien bieten wir unsere Hilfe auch landesweit und gegen Gebühr an.
Sie beraten auch verschuldete Kleinunternehmen?
Ja, die Schuldnerhilfe Köln e.V. bietet auch eine spezialisierte Beratung für Selbstständige an. Viele sehen in der Selbstständigkeit die einzige Lösung, aus ihrer Arbeitslosigkeit herauszukommen. Wenn jemand allerdings nichts von Buchhaltung versteht, nicht weiß, wann Vorsteuern fällig sind und sich auch keinen Steuerberater leisten kann, führt dies häufig zusammen mit einer unzureichenden Vorbereitung auf die Selbstständigkeit zum Scheitern.
Wie beginnt eigentlich eine „normale“ Schuldnerkarriere?
Sie beginnt mit dem ersten Dispo, einer zu hohen Handy-Rechnung, mit einem größeren Kredit für die erste eigene Wohnung oder einer Autofinanzierung. Unvorhergesehene Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Scheidung mit den damit verbundenen Unterhaltszahlungen oder Krankheit sind die häufigsten Gründe für den Zusammenbruch eines ohnehin wackeligen Finanzgerüstes. Der Versuch von Umschuldungen führt häufig in eine Schuldenspirale, aus der die meisten Menschen aus eigener Kraft keinen Ausweg mehr finden.
Wie hoch ist eine solche Verschuldung im Schnitt?
Der Durchschnittswert liegt bei rund 20.000 Euro pro Schuldner, bei Ehepaaren also bei 40.000. Aber für einen Auszubildenden können schon 5.000 Euro sehr viel sein.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Klimakrisen sind nicht wegzureden“
Teil 1: Interview – Der Ökonom Patrick Velte über die Rückabwicklung von Nachhaltigkeitsregulierungen
„Extrem wichtig, Druck auf die Politik auszuüben“
Teil 2: Interview – NABU-Biodiversitätsexperte Johann Rathke über Natur- und Klimaschutz
„Städte wie vor dem Zweiten Weltkrieg“
Teil 3: Interview – Stadtforscher Constantin Alexander über die Gestaltung von Wohngebieten
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 1: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 2: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 3: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 1: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
„KI streikt nicht“
Teil 2: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 3: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
„Wir haben das Recht auf Rausch“
Teil 1: Interview – Mediziner Gernot Rücker über die Legalisierung von Drogen
„Ich vermisse die Stimme der Betroffenen“
Teil 2: Interview – Psychologe Tobias Hayer über Glücksspielsucht
„Dann übernimmt das Lusthirn“
Teil 3: Interview – Psychotherapeutin Nadine Farronato über Kaufsucht
„Rassismus und Herablassung“
Teil 1: Interview – Historiker Andreas Eckert über die Folgen des europäischen Kolonialismus
„Eine totale Machtdemonstration“
Teil 2: Interview – Kindernothilfe-Mitarbeiter Frank Mischo zu sexualisierter Gewalt in Krisengebieten
„Zunehmende Unglaubwürdigkeit des Westens“
Teil 3: Interview – Politologe Ulrich Brand über geopolitische Umwälzungen und internationale Politik
„Dominierende Haltung: Reform der Schuldenbremse ist nötig“
Teil 1: Interview – Wirtschaftsweise Achim Truger über die Wirtschaftskrise und die Ideen der Parteien
„Jeder Krieg kann verhindert werden“
Teil 2: Interview – Politologe Andreas Hasenclever über Wege zum Frieden
„Die Schulen versagen bei politischer Bildung“
Teil 3: Interview – Politologin Nina Kolleck über die Vermittlung demokratischer Werte
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 1: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 2: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 1: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 2: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 3: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur