„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Die Parole ist mittlerweile fast jedem ein Begriff. Auch in Köln hört man sie regelmäßig freitagmorgens am Alter Markt.
Mit ihrem „Skolstrejk för Klimatet“ (Schulstreik für das Klima) hat die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg im letzten Sommer Menschen weltweit inspiriert und die Bewegung „Fridays for Future“ initiiert, die seither jeden Freitag Jugendliche für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen lässt. In Köln fand der erste Streik am 14. Dezember 2018 statt. „Nächste Woche haben wir unser sechsmonatiges Jubiläum“, freut sich Elly, die die Kölner Gruppe mit gegründet hat. Hauptanliegen der Aktivisten: der sofortige Kohleausstieg und ein kostenloser ÖPNV. Vor allem aber, findet der 14-jährige Konrad wichtig, „dass die Politik es als Priorität sieht, uns die Zukunft zu gewährleisten und das Bewusstsein mehr auf Umwelt, Mensch und Klima gelenkt wird, statt auf Profit“. Auch er ist von Anfang an dabei und kommt extra aus Troisdorf zu den Protesten nach Köln. Selbst wenn freitags eine Klausur geschrieben wird, fährt er danach noch los. Und auch wenn er meint, dass „sich immer noch nichts getan“ hat, so hätte Fridays for Future doch dazu beigetragen, dass das Klima zu einem politischen Thema geworden und in der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür entstanden sei.
Dass dies der Fall ist, haben die Ergebnisse der Europawahl gezeigt: über 20 Prozent, und damit fast doppelt so viele Stimmen wie bei der Wahl 2014, holten die Grünen diesmal in Deutschland. Und längst ist Fridays for Future mehr als nur eine Jugendbewegung: Durch ihren Einsatz haben die Jugendlichen auch ihre Eltern und sogar ihre Großeltern inspiriert. So sieht man bei der großen Demo vor der Europawahl auch „Parents for Future“ und „Grannies for Future“, die gekommen sind, um ihre Kinder und Enkel zu unterstützen: „Es ist wichtig, den Kindern zu zeigen, dass sie etwas bewegen können.“ Ein Vater meint: „Wir stehen kurz vor einem Kipppunkt, wo es kein Zurück mehr gibt. Jetzt kann man noch was machen.“
In Köln sind mittlerweile etwa 40 Leute regelmäßig an der Planung beteiligt, denn es gibt viel zu regeln: am 21. Juni findet der nächste große Streik in Aachen statt, für den eine zentrale Anreise organisiert werden soll. Neue Mitstreiter sind immer willkommen. Bei den Demos kommt jeder zu Wort, kann ein persönliches Anliegen loswerden: Eine Rednerin aus Argentinien berichtet vom schwindenden Regenwald in ihrer Heimat. Die Ursache: übermäßiger Fleischkonsum. „Bitte achtet darauf, welche Produkte ihr konsumiert!“, appelliert sie an die Menschenmassen, die ihr am Neumarkt zuhören. Julio, der gerade mit seiner Theatergruppe aus El Salvador auf Europatour ist und den Klimawandel zu Hause hautnah miterlebt, verlangt: „Alle haben die Verantwortung, sich um das Klima zu kümmern.“ Auch wenn die Stunden nicht entschuldigt werden, halten die 17-jährige Johanna und ihre Freundin vom Königin-Luise-Gymnasium die Demos für wichtiger als ihren Unterricht – ganz wie Greta Thunberg. Das Gefühl, als Jugendlicher eine Stimme zu haben und etwas verändern zu können, motiviert sie. Auch für Organisatorin Elly ist die Schwedin eine inspirierende Persönlichkeit. „Sie hält sehr gute Reden“. Aber: „Unsere Bewegung besteht aus so viel mehr Menschen. Die sollte man auch berücksichtigen“. Wie etwa die dreijährige „Bienenretterin“ oder den zehnjährigen Samuel vom Hansa-Gymnasium, der erzählt: „Sie haben uns heute raus gelassen. Wenn man 'ne Zukunft haben will, muss man auch was dafür tun.“
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