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Essens neuer Intendant Christian Tombeil
Foto: Matthias Stutte

Ankommen, um dazubleiben

01. September 2010

Neustart am Essener Schauspiel: Intendant Christian Tombeil im Gespräch - Theater in NRW 09/10

Auf dem Cover des Essener Spielzeithefts ist der Schauspieler Sven Seeburg zu sehen, dem Ohr und Nase mit je einer Möhre verstopft sind. Daneben prangt der Schriftzug „Mit Essen spielt man nicht“. Eine Metapher mit Ausrufezeichen, die im Heft zwischen Stadtprojekt, Benimmregel und Putenschnitzel erschöpfend durchdekliniert wird. Stilsicher ist das nicht gerade. Doch Essens neuer Schauspielintendant Christian Tombeil will die Metapher politisch verstanden wissen. Er sieht die Stadt als Spielball von Landesund Bundespolitik, deren Strukturwandel zu Kulturmetropole nun gefährdet sei. Die Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort seien inzwischen gering. Man wolle eine Denkanregung über den Umgang mit geistiger und realer Nahrung geben, so der früher künstlerische Betriebsdirektor der Vereinigten Bühnen Krefeld/Mönchengladbach.

Der gebürtige Franke tritt kein leichtes Erbe an. Vorgänger Anselm Weber, der nun in Bochum amtiert, hat Essens Schauspiel auf neue Höhen geführt. Tombeil will darauf aufbauen. Essen sei eine geteilte Stadt, und man wolle den migrationsgeprägten Norden mit dem reichen Süden ins Gespräch bringen. Und zwar mit Projekten, die dicht am Bürger seien und die Stadt, ihre Geschichte und ihre Gestaltung betreffen. Das nimmt zwar den Gedanken der Weberschen Stadtprojekte auf, doch das Grillotheater soll wieder verstärkt zum Zentrum und Treffpunkt werden, in dem auch „Künstler von der Straße“ ihren Platz finden sollen. Dazu wird die Theaterpädagogik personell erheblich aufgestockt. „Da hoffe ich auf große Nachhaltigkeit“, so der neue Intendant.

Im Spielplan dominieren angloamerikanische Dramatiker (Dennis Kelly, Eric Bogosian, Catheleen Rosaert), an denen Tombeil schätzte, „dass sie Sujets in einer Form anpacken, die die Tabuisierung von Themen aufbricht“. Diese Themen lauten „Heimat“, „Krise“, „Ankommen, um dazubleiben“. Ein HipHop-Projekt von Samir Akika, ein Heimat-Projekt von Bernarda Horres sowie Filmdramatisierungen und zahlreiche Kinder- und Jugendprojekte ergänzen den Spielplan. Klassiker (Kleists „Prinz von Homburg“, Thomas Manns „Die Buddenbrooks“) und zeitgenössische deutschsprachige Dramatik sind dagegen rar.

Die Kardinalfrage bleibt, mit wie viel Geld Tombeil dieses Programm verwirklichen will. Die angedachte Fusion mit Oberhausen und die „Konsolidierung mit dem Holzhammer“, wie der neue Intendant das nennt, sind zwar vom Tisch. Nichtsdestotrotz wird der Etat des Essener Schauspiels von 3,5 auf 3 Mio. Euro abgesenkt. Erreicht werden soll das durch Einsparungen im Management, bei Druckerzeugnissen und durch Streichung von zwei Schauspielerstellen. Zur Zukunft äußert sich Tombeil vorsichtig optimistisch: „Im Moment habe ich die Zusage, dass es so bleibt“. Für alle Fälle hat Essens Kulturdezernent Bomheuer angeregt, dass die Ruhrtheater durch gemeinsamen Materialeinkauf oder Koordination von Druckerzeugnissen Geld sparen könnten. Die Ruhrmetropole gewinnt Kontur – zumindest was die Einsparungen anbetrifft.

Hans-Christoph Zimmermann

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