Frostige Vorfreude herrscht am Potsdamer Platz, dessen schneebedeckte Fassaden von den besonders farbenfrohen Berlinale-Postern durchbrochen werden. Bereits die Pressekonferenz der Jury machte unmissverständlich klar, wo die thematischen Schwerpunkte des Festivals liegen werden, das sich angeblich mit der Behauptung gegenüber Cannes und Venedig schwer tue, so zumindest die Feuilletons.
Doch wenn man davon absieht, dass die star-lastigen „Oscar-Filme“ bereits gestartet sind und der Marlene-Dietrich-Platz etwas schattiger ist als die Croisette, fällt schnell ins Auge, wo die große Chance von Dieter Kosslicks kuratorischer Praxis liegt: Schon die Berufung des Bären-Gewinners im letzten Jahr Asghar Farhadi und des algerischen Schriftstellers Boualem Sansal (Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 2011) in die diesjährige Berlinale-Jury ist eine klare Positionierung zum Politischen. So wurden von einigen Journalisten Fragen laut, ob ihre Mitglieder - zu denen unter anderem Charlotte Gainsbourg, François Ozon und Anton Corbijn gehören - bei ihrer Preisvergabe auch die Hintergründe der Filme berücksichtigen würden, ihre Aktualität und den Bezug zum Zeitgeschehen.
Jury-Präsident Mike Leigh, eine Größe des britischen Sozialkinos, antwortete schelmisch und doch ernst, dass dies in der Tat der Fall sein würde und er zum ersten Mal das Gefühl habe, dass das engagierte Independent-Kino und das World Cinema die Dominanz des Systems Hollywood aufbräche. Ein Blick in das Programm der verschiedenen Sektionen beweist, dass er im Recht ist: Arabische Revolutionen, die Auseinandersetzung mit den Folgen von Fukushima und das Queer-Cinema beispielsweise, sind in allen Reihen thematisch überaus stark vertreten.
Auch der Eröffnungsfilm „Leb wohl, meine Königin!“ ist durchaus doppelbödig: Diane Kruger und Léa Seydoux gewähren als Marie Antoinette und ihre Dienerin einen intimen Einblick in ein marodes Unrechtsregime, das kurz davor steht, vom Volk gestürzt zu werden. So gelingt Benoit Jacquot eine subtile Parabel, die zugleich einen vielversprechenden Auftakt darstellt. Man darf gespannt sein auf diesen Wettbewerb.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
„Dialog ist der Schlüssel zur Veränderung“
3 Fragen an Kyra Scheurer vom Festival Edimotion – Festival 10/23
Der Atem des Films
Das Festival „Edimotion“ holt die Monteure des Films ins Rampenlicht – Festival 10/23
Film- und Troublemaking
„Clashing Differences“ gewinnt choices-Publikumspreis des 20. Afrika Film Festivals – Festival 10/23
„Festivals sind extrem wichtig, um Vorurteile abzubauen“
4 Fragen an Sebastian Fischer, Leiter des Afrika Film Festivals Köln – Festival 09/23
Preiswürdiges Paar
„Tori et Lokita“ gewinnt choices-Publikumspreis der Französischen Filmtage – Festival 09/23
Alte und neue Filmschätze
Das Afrika Film Festival zeigt Filmkunst als Raum für Aktivismus – Festival 09/23
Das Leben und nichts anderes
Französische Filmtage in Bonn und Köln – Festival 08/23
Faszinierendes historisches Erbe
Internationale Stummfilmtage 2023 in Bonn – Festival 08/23
Komplizinnenschaft
Das IFFF bietet einen Blick auf feministische Solidarität – Festival 04/23
Reizüberflutung mit Konzept
Symposium der Dokumentarfilminitiative – Festival 01/23
Kurz, aber oho!
Der „Short Monday“ bietet dem Kurzfilm einen Platz – Festival 12/22