Vor Jahren lockte man mit dem Slogan: „Der Broadway liegt Im Ruhrgebiet“ die Musical-Fans nach NRW. Duisburg hat sich gleich nach seinen „Les Miserables“ klanglos verabschiedet. In Essen laufen meist nur die üblichen Verdächtigen von „Jesus Christ Superstar“ bis „Mamma Mia“. Bochum wird wohl auf immer und ewig auf „Starlight Express“ hängen bleiben. Und Oberhausen bekommt eher die Mischformen des Musical-Entertainments wie die „Blue Man Group“, ab.
Im Schatten dieser geschickt vermarkteten Musical-Event-Szene von eingedeutschten Original-Kopien hat sich mittlerweile in den Stadttheatern eine Musical-Kultur entwickelt, der zwar das ganz große Geld fehlt, die aber mit Leidenschaft und Phantasie eigene Versionen von Broadway-Hits auf die Beine stellt. Vor allem das Gelsenkirchener „Musiktheater im Revier“ hat sich den Ruf eines „Musical-Tempels“ erworben, den man nicht nur besucht, um Yves Kleins blaue Wand-Skulpturen zu bestaunen. Auch wenn dort der Vorhang hochgeht, bleibt einem erst einmal der Mund offen stehen. Zur Zeit bei der deutschen Erstaufführung des Gershwin-Musicals „Strike up the Band“, dessen Entstehungsjahr 1927 man beim ersten Hinhören gar nicht glauben mag. Denn die Parodie auf den US-Käsebaron und Erfinder des zweitklassigen Schmelzkäses James Lewis Kraft, der Washington zu einem seiner „beliebten Auslandseinsätze“ gegen die aufmüpfige Schweiz drängt, lässt sich auch tagesaktuell „lesen“. Der Autor George S. Kaufman, der auch für die Marx-Brothers schrieb, lässt dazu einen an Groucho Marx angelehnten Anarcho-Komiker mit Nonsense-Sprüchen und Slapstick durch die Szenerie tollen, dem der Bottroper Schauspieler Daniel Drewes kongenial Gestalt verleiht. Dazu erklingen die wunderbaren Songs von Gershwin (u.a. „The man I love“, „Soon“, „I´ve got a crush on you“), die das stepp-, tanz- und spielfreudige Ensemble unter der pointierten Regie von Matthias Davids begeisternd umsetzt.
Mit der gleichen Liebe hat sich das Wuppertaler Stadttheater der hierzulande selten gespielten Musical-Version des Kultfilms „Manche mögen’s heiß“ angenommen. Das 1972 am Broadway noch unter dem Namen „Sugar“ uraufgeführte Stück gehört zwar zu den musikalisch schwächeren Arbeiten des Erfolgskomponisten Jules Styne (u.a. „Funny Girl“) , bekommt aber durch das großartige Buch von Peter Stone einen enormen Unterhaltungswert. Zudem tragen auch die stimmlich wie schauspielerisch überzeugende Ute Henryke Büttner in der Marilyn-Monroe-Rolle der Sugar Kane und der Vollblutkomiker Stephan Boving als Jerry/Daphne bei. Vor allem aber sind es die originellen Regie-Einfälle von Reinhardt Friese, der die Gangster mit Stepp-Salven „erschießen“ lässt und das Broadway-reife Bühnenbild von Siegfried E. Mayer, der einen Kontrabass in ein Schlafabteil und ein Cocktailglas in ein Liebesnest umfunktioniert, die einen intelligent-unterhaltsamen Musical-Abend garantieren.
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