Seit am Broadway die Talente rar geworden sind, drängen immer mehr Shows auf die Musical-Bühnen, die einfach nur die Popgeschichte plündern. Hierzulande entdeckte man neben Udo Lindenberg („Hinter dem Horizont“) auch den deutschen Schlager-Barden Udo Jürgens und strickte um einen seiner größten Hits eine turbulente Boulevardkomödie: „Ich war noch niemals in New York“.
Zurzeit sticht das Kreuzfahrtschiff, auf dem überwiegend die Handlung spielt, vom Oberhausener Metronom-Theater in See. An Bord: das aus dem Seniorenstift ausgebüxte Paar im „Dritten Frühling“, Maria Wartberg (berührend: Gisela Kraft) und Otto Staudach (Ernst Wilhelm Lenik), sowie ihre jeweiligen Kinder Lisa Wartberg (herrlich zickig: Charlotte Heinke) und Axel Staudach (charismatisch: Karim Khawatmi), die die Eltern eigentlich nur zurück ins Heim bringen wollen – und dann ihre Liebe zueinander entdecken. Ein doppeltes Happyend unter der Freiheitsstatue zeichnet sich schnell ab.
Von deutschen Musicals nicht gerade verwöhnt und eigentlich kein Udo Jürgens-Fan: Die Skepsis war groß, als ich mich auf den Weg nach Oberhausen machte. Aber dann ging mir die von Michael Reed fetzig arrangierte Ouvertüre sofort ins Ohr, ließ Broadway-Fieber aufkommen – das dann auch bis zum rauschenden Finale anhielt. Caroline Brouwers Inszenierung besitzt genau das richtige Timing, ihre Schauspieler-Führung ist präzise, und die Darsteller geben es ihr mit pointierter Spiellaune zurück. Wenn es ihr noch gelingt, Charlotte Heinke die immer wieder durchbrechenden Quetsch-Töne abzugewöhnen und ihre einfallsreiche Choreographin Kim Duddy dazu zu überreden, auch mal einen Step-Tanz einzubauen (die „Bleib doch bis zum Frühstück“-Szene schreit förmlich danach) – dann ist der Broadway nicht mehr fern. Man kann Musical-süchtig werden nach diesem Abend – und die Sucht gleich am 9. Mai vertiefen, wenn das Theater zum Blick hinter die Kulissen einlädt und ein buntes Programm für die ganze Familie präsentiert.
Nicht ganz so Familien-kompatibel ist das nach seiner London-Premiere 2002 um die Welt tourende Queen-Musical „We will Rock you“, das jetzt im Essener „Colosseum“ bis zum 30.6. Station macht. Hier sind wohl eher die „Daddel“-Teenies und die Rock-Nostalgiker angesprochen. Die einen bekommen mit ihrem Internet-Wahn ironisch den Spiegel vorgehalten, den anderen werden die Ohren vollgedröhnt. Leider mit einem Sound, der sich wenig um eine Kommunikation mit den Sängern bemüht. Die Handlung: Zusammen mit der aufmüpfigen Scaramouche macht sich der „Erlöser“ Galileo auf dem von der Killer Queen unterjochten Planeten Ebay auf die Suche nach der verschollenen Gitarre der „Queen“. Diese wurde gegenüber der deutschen Erstaufführung 2004 etwas gestrafft. Das durch die Licht-Effekte von Willie Williams kongenial unterstützte Bühnenbild von Mark Fisher wirkt durch die Überarbeitung noch stimmungsvoller, und Brigitte Oelkes „Killer Queen“ ist immer noch der stimmliche Höhepunkt des Abends. Zwischen ihren von einem präzisen Ballett (Choreographie: Arlene Philips) begleiteten Auftritten treibt die ausdrucksstarke Jeannine Michele Wacker die Geschichte voran und spielt und singt dabei den uncharismatischen Christopher Brose (Galileo) förmlich in den Bühnenboden.
www.musicals.de I www.wewillrockyou.de
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