An der Feststellung führt kein Weg vorbei, auch wenn der Abstand geringer wird: In Frankreich ist in einem ganz anderen Maß die Filmkultur im Alltag verwurzelt als in Deutschland. Damit ist nicht die berechtigte Popularität des Popcornkinos gemeint – dass muss es natürlich auch geben und das ist gut so. Aber die Selbstverständlichkeit, wie Filmkunst in der Gesellschaft wahrgenommen und diskutiert wird, ist in Frankreich eine andere. Das merkt man auch am Stellenwert der Filmgeschichte. Gerade in einer Stadt, in der sich zwar eine vielfältige Filmszene ständig um die Filmkultur der Gegenwart und der Vergangenheit kümmert, es aber nach wie vor keine zentrale Anlaufstelle für Filmgeschichte – keine Cinemathek, kein Filmmuseum – gibt, ist das Manko offensichtlich.
Da freut man sich, wenn ein bißchen französische Filmkultur in Form des Jugendfilmfestivals „Cinéfête“ zu uns herüberschwappt. Denn Filmgeschichte ist auch an deutschen Schulen immer noch kein fester Bestandteil und findet höchstens als Literaturverfilmung am letzten Schultag vor den Ferien als Rausschmeißer statt. Bereits im elften Jahr tourt das vom Institut Français initierte Jugendfilmfestival durch die deutschen Städte. Vom 19. bis zum 25. Mai macht es wieder im Kölner Off Broadway halt.
Sieben Filme für Schulkinder und Jugendliche von der dritten bis zur elften Klasse werden in der Woche gezeigt. Angefangen vom Zeichentrickfilm „L’enfant qui voulait être un ours“ („Der Junge, der ein Bär sein wollte“) von Jannik Hastrup für die Kleinsten bis hin zu Jean-Luc Godards Nouvelle Vague-Klassiker „A bout de souffle“ („Außer Atem“) von 1959 mit Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo – der gerade in Cannes mit der Goldenen Palme für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Dazwischen finden sich so Perlen wie „Quand tu descendras du ciel“ („Vom Himmel hoch“) von Eric Guirado, vorgesehen für Neuntklässler. Den mittellosen Jungbauern Jérôme zieht es auf der Suche nach einem Job in die Stadt. Dort darf er die städtischen Weihnachtsbäume schmücken. Schon bald aber wird er vor moralische Entscheidungen gestellt, als man von ihm erwartet, die das Bild der friedlichen Weihnacht störenden Obdachtlosen aufs Land zu verfrachten. Für die gleiche Altersgruppe ist „Welcome“ aus dem Jahr 2009 vorgesehen. Der Film von Philippe Lioret mit Hauptdarsteller Vincent Lindon erzählt von dem tragischen Versuch eines jungen Migranten, schwimmend ins Exil nach England zu gelangen. Die Komödie „La première étoile“ („Triff die Elisabeths!“), der Überraschungshit aus dem Jahr 2008, schlägt fröhlichere Töne an, auch wenn hier ebenfalls Themen wie Rassimus aufgegriffen werden. Die vorgestellten Filme behandeln nicht nur sozial relevante Themen, sie vermitteln den Jugendlichen auch die Fähigkeit, die unterschiedlichsten Bildsprachen jenseits des Mainstreams adäquat zu lesen. Alle Filme laufen in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln.
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