Seit vielen Jahren schon wird im Sommer das Dach des Museum Ludwig mit Filmen bespielt. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass nicht nur die sorgfältig kuratierten Themenreihen immer einen Besuch wert sind, sondern auch der Ort einer der schönsten in Köln ist für das Freiluftkino. Hier ist sogar der Blick nach hinten, auf die zum Greifen nahe Silhouette des Doms, eindrucksvoll. Doch den Filmfan interessiert natürlich, was sich vorne auf der Leinwand so abspielt.
In diesem Jahr widmet man sich zwischen dem 20. Juli und dem 4. August Filmen, die in der Hitze der Nacht spielen. Den Anfang macht der titelgebende Klassiker „In der Hitze der Nacht“ mit Sidney Poitier als Virgil Tibbs. Die Story um den im Süden gestrandeten schwarzen Polizisten aus Philadelphia muss man wohl nicht breit nacherzählen. Der mit einem Oscar-Regen ausgezeichnete, antirassistische Film von 1967 beeindruckt nicht nur mit seinem Ende der 60er Jahre ungemein wichtigen Thema, sondern auch mit der mutigen Haltung, die Charaktere vielschichtig anzulegen. So ist auch Tibbs Verhalten von Vorurteilen geprägt. Poitiers arrogant-aggressive Darstellung ist noch heute erfrischend (20.7.). In Michelangelo Antonionis „Die Nacht“ sind die Gefühle allesamt überdeckt vom Schein der Dinge, dahinter Ennui – die Langeweile. Lidia streift durch die Stadt, ihren Mann, einen Schriftsteller, trifft sie abends auf einer Party, die die Leere überdecken soll. Doch es hilft alles nichts. Antonionis Film von 1960 mit Jeanne Moreau und Marcello Mastroianni in den Hauptrollen ist längst ein Klassiker der Filmgeschichte und stilvoll bis zum Geht-nicht-mehr (21.7.). „Wiegenlied für eine Leiche“ („Hush Hush … Sweet Charlotte“) mit Joseph Cotton und Bette Davies, ist ein in den Südstaaten angesiedelter Thriller, der 1964 im Fahrwasser von Hitchcocks „Psycho“ virtuos auf der Klaviatur der Schockeffekte spielt (27.7). Mit Sam Peckinpahs „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“ kommen wir in den 70er Jahren an: Peckinpahs wüstes Racheepos ist der einzige Film, der ohne Einmischung der Studios nach seiner Vorstellung in die Kinos kam. Seinerzeit war das blutige Drama mit einem abgeschlagenen Kopf in einer der Hauptrollen ein Flop, inzwischen gilt der in Mexiko angesiedelte Film längst als Meisterwerk und ist sicherlich in der Top Ten von Rodriguez, Tarantino und Konsorten zu finden (28.7.).
Es folgt ein großer Sprung in der Filmgeschichte von 25 Jahren, der Zeitpunkt der Handlung liegt immer noch in den 70ern: 1999 widmete sich Spike Lee den Ereignissen eines heißen Sommers im New York von 1977. „Summer of Sam“ erzählt von dem Massenmörder Son of Sam, von Disco und Punk und von einer italienischen Community in New York. Der zweieinhalbstündige Film ist voller Komik, Style und einem Soundtrack mit Abba, Marvin Gaye, den Talking Heads und The Who. Dazu der junge Adrien Brody als Original-77er-Punk (3.8.). Ganz andere Töne schlägt das Finale der Filmreihe an: Mit „Tropical Malady“ (2004) erzählt der Thailänder Apichatpong Weerasethakul die Geschichte der Freunde Keng und Tong. Tong verschwindet im Dschungel und taucht später wieder als Tiger auf. Und mit ihm ein Soldat, der Keng sein könnte. Ebenso wie bei seinem jüngsten Werk „Uncle Boonmee“ erscheint das märchenhafte leichtfüßig, verspielt, meditativ und auch mal komisch. Grillenzirpen, Glühwürmchen und Geister entlassen einen verträumt in die hoffentlich heiße Kölner Nacht (4.8.).
Filmbar 2012 I 20. Juli bis 4. August I Open-Air-Kino auf der Dachterrasse des Museum Ludwig I Freitag und Samstag, Einlass 20:30 Uhr/bei Regen um 21 Uhr im Filmforum im Museum Ludwig
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