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Der Mann hinter „Democracy – Im Rausch der Daten“
Foto: David Bernet

Die fabelhafte Welt der Gesetzemacher

19. November 2015

Gesprächsrunde mit Dokumentarfilmer David Bernet über „Democracy – Im Rausch der Daten“ – Foyer 11/15

Jeder Platz im kuscheligen Kinosaal der Filmpalette ist an diesem Abend besetzt. Sie alle kamen, um die neuste Dokumentation „Democracy – Im Rausch der Daten“ von David Bernet zu sehen und anschließend dem Gespräch mit dem Filmemacher zu lauschen. (Link zur Filmkritik)

Im Publikum sitzen Politikinteressierte jeder Altersklasse. Neben mir ein junges Mädchen mit ihrem Vater, hinter mir ein älteres Ehepaar mit grauen Haaren, und eine Reihe vor uns unterhält sich angeregt eine Gruppe junger Studentinnen. Es ist schön zu sehen, wenn politische Themen von so vielen Menschen mitverfolgt werden. Eine dementsprechend angeregte Atmosphäre begleitet die anschließende Gesprächsrunde mit dem Regisseur.

David Bernets Schwarz/Weiss-Dokumentation verfolgt drei parallele Themen zugleich. Zum einen dreht sich der Kern des Filmes um die aktuelle Datenschutz-Debatte innerhalb des Europäischen Parlaments in Brüssel. Wem gehören die privaten Informationen der vielen Millionen Menschen in Europa? Wie soll damit umgegangen werden? Gibt es ein Recht auf Anonymität oder Vergessen werden? Diese Themen greift Bernet äußerst sensibel auf, ohne dabei eine belehrende Position zu beziehen oder den Zuschauer zu bevormunden. „Ich wollte nie diskursiv in den politischen Prozess eingreifen – ich sehe mich dafür als Journalist auch gar nicht befugt“, verrät Bernet im Gespräch.

Versuche ihn in seiner dokumentarischen Arbeit zu manipulieren gab es nicht. „Ich war wie die Schnecke, die nebenher lief und alles mitnahm, was ihr über den Weg lief, aber niemand wusste, was ich am Ende wieder ausscheide“, witzelt der Regisseur. „Politiker sind es gewohnt, dass ihre Statements direkt am nächsten Tag in den Nachrichten zu sehen sind. Ich musste allen erstmal erklären, dass ich länger da sein werde. Vielleicht sogar die nächsten drei Jahre. Aber viele Begriffen das später auch als eine Chance.“

Der andere und fast noch ausführlichere Aspekt der Dokumentation, ist der Prozess der Gesetzgebung. Man erlebt hautnah, wie europäische Politik entsteht, welche Machenschaften im Verborgenen vor sich gehen und welchen Einfluss Lobbyisten und Konzerne auf die Politiker auswirken. Bei der Begleitung des Junggrünen Jan Albrecht zeichnet sich dabei eine Geschichte des Erwachsenwerdens ab. Er hält das Banner hoch für eine Datenschutz-Agenda im Sinne der Bürgerrechtler und taucht tief ein in die verworrene Welt der Bürokratie. Läuft in Sackgassen, schwimmt gegen den Strom und lernt zu kämpfen.

So mausert sich während der mehrjährigen Dreharbeiten der noch anfangs leicht naiv-idealistische Junge, zu einem souveränen, ernstzunehmenden Gegner im Kabinett. „Wir konnten hier hautnah das Werden eines Politikers beobachten“, erzählt Bernet anerkennend. „Albrecht hat uns sämtliche Türen in Brüssel geöffnet und war sehr begeistert von unserer Arbeit und unserer Ausdauer – aber wir bewunderten vor allem seine eigene Ausdauer.“

Die Idee zum Film kam Bernet bereits vor 10 Jahren, als er sich die Frage stellte, ob man den Gesetzgebungsprozess von Beginn an verfolgen könne. „Brüssel ist ein wahnsinniger Ameisenhaufen und man verirrt sich förmlich in diesem kafkaesken Gebilde“, erzählt Bernet. Das Sujet der Datenschutz-Debatte hatte sich erst später ergeben, als das Thema in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit geriet.

Ebenso surreal wirkt die fast völlige Ausstrahlung der Dokumentation in Schwarz/Weiß. Viele moderne Filme nutzen dieses Stilmittel eigentlich, um spezielle Eindrücke beim Zuschauer zu schaffen – um beispielsweise eine Atmosphäre á la Film Noir zu schaffen. Nicht so bei Bernet: „Beim Sichten des Materials wurde mir immer schlecht. Und ich wusste nicht warum, bis ich die Farbe weg drehte“, erklärt er lachend. „Brüssel ist nicht schön. Überall sind diese Ocker und Blau-Töne in all ihren ‚wunderbaren‘ Farbschattierungen. Man steigt bei der Anreise aus dem ICE zwar aus, hat aber nicht das Gefühl ihn verlassen zu haben“.

Bernet nimmt sich den ganzen Abend Zeit um ausführlich auf jede Frage aus dem Publikum zu antworten und glänzt dabei mit viel Wortwitz und Charme. Wäre am Anschluss des 40-minütigen Gespräches keine weitere Vorführung im Kino gelaufen, hätte das Publikum den Regisseur wohl noch bis spät in die Nacht mit ihren Fragen beschäftigt.

Am Mittwoch, den 25.11. wird um 18 Uhr erneut die Dokumentation in der Kölner Filmpalette laufen. Eine einmalige Gelegenheit einen wunderbaren Einblick in die Welt der Gesetzgeber zu erhaschen.

SANJE GAUTAM

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