In der alten Feuerwache in der Südstadt wurde unter Hochdruck gearbeitet; auf jeder Etage des Baus wuselten Arbeiter herum. Vor dem Haus türmten sich noch die Sandhaufen, im zweiten Stock wurden schon Lampen montiert, unter dem Dach fand eine Architektenbesprechung statt. Die Zeit war knapp, bereits Ende August sollte hier in der Vondelstraße 4-8 das erste Kinderkulturhaus Nordrhein-Westfalens eröffnet werden.
Man sieht Klaus Schweizer den Stress an; er ist Geschäftsführer der eben noch in der Löwengasse beheimateten Comedia, die unter ihrem Dach das Kinder- und Jugendtheater Ömmes & Oimel, Kabarett und Schauspielkurse für Erwachsene zusammenbringt. Als das Haus 1997 trotz hoher Auslastung Schulden machte, lautete die Alternative Schrumpfen oder Wachsen. „Wir haben uns für die große Lösung entschieden“, sagt Klaus Schweizer. Man entwickelte Konzepte, entdeckte die Räume der Feuerwache-Süd und stellte eine Finanzierung von ca. 8 Mio. Euro auf die Beine, die sich das Land NRW, die Stadt Köln, die Comedia und Sponsoren teilen.
Natürlich gab es Pannen, natürlich verteuerte sich der Bau, doch jetzt nähert sich das Happy End. Und der janusköpfige Bau, den das Architekturbüro Oxen + Partner entworfen hat, kann sich sehen lassen. Links die denkmalgeschützte dreistöckige Feuerwache aus dem Jahr 1904, die mit den sechs Rundbogentoren, den markanten Fensterlaibungen und Zwiebeltürmchen die unruhige Monumentalität des Historismus ausstrahlt. Sie wird im Erdgeschoss Gastronomie und Theaterfoyer, sowie in den oberen Etagen Büros, Übungsräume, eine Probebühne und zwei Theaterwohnungen beherbergen. Rechts daneben beruhigt dann der zeitgenössische Bruder mit einer stoischen Fassade das Bild wieder. Hinter einer Front aus anthrazitfarbenen Ziegeln und schmalen Lichtbändern finden neben Lagerräumen und weiteren Büros zwei Bühnen für 400 und 180 Zuschauer Platz.
Doch was bedeutet Kinderkulturhaus? Klaus Schweizer will das Kinder- und Jugendtheater stärker ins Zentrum rücken und zwar in Form von Eigenproduktionen, von Projekten mit Kindern und Jugendlichen, von Projekten im Bereich Tanz, Literatur und Musik und dem „Export“ der Produktionen. Außerdem soll das Haus auch für Truppen aus NRW offen stehen. Kabarett und Schauspielkurse für Erwachsene dienen dabei als Quersubvention. Doch nicht nur: „Wir wollen kein Ghetto für Kinder und Jugendliche schaffen“, sagt Klaus Schweizer. A la longue soll der jetzt paritätische Anteil des Kabaretts allerdings sinken und ein festes Kinder- und Jugendtheater-Ensemble engagiert werden, was jedoch höhere Zuschüsse der Stadt Köln voraussetzt. Schon jetzt wecken die Räume Begehrlichkeiten bei der freien Szene. Klaus Schweizer hat bereits einige Kooperationen vereinbart, doch das neue Haus könne kein Ersatz für ein Kölner Theaterhaus werden. Die Comedia soll ein Kinderkulturhaus sein nach dem Motto: „Jedes Kind hat das gleiche Recht auf Kunst wie die Erwachsenen.“
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