Im Frühjahr 2018 kommt „Die Pink Floyd Ausstellung: Ihre sterblichen Überreste“ ins Dortmunder U, die schon jetzt als großer Wurf gehandelt wird. Kein Wunder, ist es doch eine Übernahme aus dem Londoner Victoria and Albert Museum, das schon 2013 mit David Bowie Rekorde gebrochen hat. Erfolgreich ist 2016 auch „Rock und Pop im Pott“ gewesen, die Sonderausstellung im Ruhr Museum in Essen, ausgezeichnet mit dem German Design Award und durchaus respektablen Besucherzahlen. Sogar die Provinz mischt mit: Am 24. September eröffnet das Museum für westfälische Literatur im Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde seine Ausstellung „1968 – Pop, Protest und Provokation“ mit der rhetorischen Frage, wie 68er Protestbewegung und Westfalen überhaupt zusammenpassen, und der Behauptung, selbst dort habe man keineswegs hinter dem Mond gelebt. Woher stammt dieser Drang zur Musealisierung des Pop? Was bleibt von Subkultur und demonstrativem Anderssein, wenn Musik in Glasvitrinen fixiert wird wie ein auf eine Nadel gespießter Schmetterling?
Was Menschen einst als revolutionär und grenzüberschreitend empfanden, wird in der Rückschau geglättet und dem kulturellen Kanon einverleibt. Abgesegnet vom Kulturbetrieb und konsumfreundlich aufbereitet von Ausstellungsmachern, die mal nicht auf schwer verkäufliche wissenschaftliche Kategorisierungen oder öde chronologische Rundgänge setzen müssen, sondern mittels multimedialer Präsentationstechniken endlich Erlebnisqualität à la Cineplex bieten dürfen. Pink Floyd als Religion, Hendrix als Hochkultur, Extrabreit als Kunst: Es könnte einem der Verdacht kommen, solche Reliquienshows seien Ausstellungen von alten Männern über alte Männer für alte Männer. Gut, auch für Frauen, sind diese als Publikum offenkundig immer noch erwünschter als im Götterhimmel der Musikgeschichte selbst – siehe die Björk-Ausstellung im MoMA, die die Kritik in der Luft zerrissen hat. Letztlich stehen Retrospektiven im Verdacht der Heldenverehrung, erst recht wenn es um die unbestrittenen Könige einer Zeit geht, in der eine LP noch ein Gesamtkunstwerk und jahrelanger Begleiter war, in der ein Plattencover das Lebensgefühl einer Generation abbildete, in der Musiker Ikonen des Anti-Establishments waren, in der Musik noch weitaus eindeutiger zur Identität beitrug.
Solche Ausstellungen sind weder das Ende des Pop noch das Ende des Museums. Sie erzählen nur ein letztes Mal das Märchen von der Musik als Befreiung aus den Fesseln des Status quo. Wer heute Protest sucht und an Musikern wie Pink Floyd immer schon den kritischen Bezug auf gesellschaftliche Kontexte schätzte, kommt beim aktuellen Roger-Waters-Album besser auf seine Kosten. Was der alte Mann dort in höchst zeitgenössischer Wut über Trump, Drohnenmorde, Umweltzerstörung und unser aller Irrwege in die Welt kotzt, nötigt einem Respekt ab. Und wirkt lebendiger denn je.
„Die Pink Floyd Ausstellung: Ihre sterblichen Überreste“ | Frühjahr 2018 | Dortmunder U | dortmunder-u.de
„1968 – Pop, Protest und Provokation“ | 24.9.-28.1. | Museum für westfälische Literatur Oelde | kulturgut-nottbeck.de
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