Nein, die Black Box im Cinedom ist kein überdimensionaler, begehbarer Fernseher. Aber vom 7. bis zum 11. März konnte man den Anschein gewinnen, der Kinosaal wäre ein riesiges Wohnzimmer. Denn für vier Tage tummelten sich hier Filmfans, um neueste Fernsehproduktionen aus dem In- und Ausland zu begutachten, lange bevor sie regulär im Fernsehen zu sehen sein werden – falls denn überhaupt. Für die deutschen Produktionen stand das außer Frage – die Beiträge sind fest für eine Ausstrahlung eingeplant, und meist ist auch schon der Sendetermin festgelegt. Für die internationalen Spielfilme, Serien und Dokumentarfilme, die Sender wie BBC, Canal+, CBS, HBO oder France 2 zu dem Festival beisteuerten, sind deutsche Lizensierungen aber oft noch offen, und Großes Fernsehen ist eventuell die einzige Gelegenheit, die Filme hierzulande zu sehen.
Bereits am Mittwoch gab es einen bedeutenden Programmpunkt: Anlässlich des 70. Geburtstags von Heinrich Breloer wurden mit „Die Manns – Ein Jahrhundertroman“ und „Todesspiel“ nicht nur zwei Werke des vor allem für seine Doku-Dramen bekannten Regisseurs gezeigt. Der Abend wurde auch von einem Podiumsgespräch zwischen Breloer, seinem Kameramann Gernot Roll und Dietrich Leder, Professor für Fernsehkultur, begleitet. Die offizielle Eröffnung fand dann am Donnerstag statt. Gezeigt wurde die Doku „Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung“, die das Leben des Kölner Bürgermeisters und späteren Bundeskanzlers von 1933 bis zu seinem Tod im Jahr 1967 Revue passieren ließ. Auch dies war ein Doku-Drama, das ganz nah an die Personen gelangen wollte und sich dabei u.a. auf die Mitwirkung der Adenauer-Kinder verließ, die bei der Premiere anwesend waren. Mitunter zu brav und sehr Denkmal, kam man doch dem Zeitgeist auf die Spur. Es folgte eine Vietnam-Doku, die in kaum größerem Kontrast zu dem langsam erzählten Doku-Drama stehen konnte: Nie gesehene Bilder mitten aus der kriegerischen Auseinandersetzung sollten die Schrecken des Krieges veranschaulichen. Leider wirkte die Doku mit schnellen Schnitten und dramatischer Musik mitunter wie ein kriegerischer Musikclip.
Die besonderen Qualitäten des Fernsehens und somit auch des Festivals fand man anderswo. Zum Beispiel bei einer Doku über die Uraufführung zu Karlheinz Stockhausens Oper „Sonntag aus Licht“. Eingereicht wurde die Dokumentation vom WDR, und genau dafür sollte das öffentlich-rechtliche Fernsehen stehen: ohne den Quotendruck der privaten Sender kulturellen Nischen einen Platz einräumen. Alleine vom Format her ist die Serie mit dem Fernsehen untrennbar verbunden. Dass auf diesem Gebiet seit einigen Jahren großartige Ergebnisse erzielt werden, ist nicht erst seit „Mad Men“ kein Geheimnis mehr. Dass diese vor allem im englischsprachigen Ausland erzielt werden und weniger in hiesigen Gefilden, ist ebenso bekannt. Und so kamen die spannendsten Serien, die dem Freitag und Sonntag vorbehalten waren, aus England („Sherlock – A Scandal in Belgravia“, „Dirk Gently's Holistic Detective Agency“, „Appropriate Adult“ mit Emily Watson) und den USA („House of Lies“, „Homeland“, „Boss“, „Luck“ von Michael Mann und mit Dustin Hoffman und Nick Nolte). Die Veranstalter waren ebenso zufrieden wie die Serienjunkies: Mit 5.000 Besuchern konnte man abermals einen Rekord erzielen, das Festival entwickelt sich laut Veranstalter außerdem zum wichtigen Branchentreff. Die Planungen für die achte Ausgabe im Frühling 2013 sind bereits in vollem Gange.
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