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Muss ohne ihren Sehsinn zurechtkommen: Alexandra Maria Lara in „Imagine“
Foto: Presse

„Ich habe mich sofort in diese poetische Geschichte verliebt“

19. Dezember 2013

Alexandra Maria Lara über „Imagine“, Dreharbeiten mit ihrem Mann Sam Riley und ihre Schwangerschaft – Roter Teppich 01/14

Alexandra Maria Lara wurde 1978 in Bukarest geboren, wuchs aber in West-Berlin auf. Nach ersten Erfolgen mit der Ruhrgebietskomödie „Was nicht passt, wird passend gemacht“ und dem Event-Fernsehfilm „Der Tunnel“ eroberte sie schon bald den internationalen Film. Nach „Der Untergang“, „Control“ und „Der Vorleser“ sah man sie zuletzt in so unterschiedlichen Werken wie „Small World“, „Rubbeldiekatz“ und „Rush“. Nun spielt sie in Andrzej Jakimowskis polnischem Film „Imagine“ eine junge blinde Frau in Lissabon.

choices: Frau Lara, Andrzej Jakimowski gelingt es sehr gut, den Zuschauer an der Blindheit der Protagonisten teilnehmen zu lassen. War das auch schon so detailliert im Drehbuch angelegt?
Alexandra Maria Lara: Ich habe mich sofort in dieses Buch verliebt. Ich hatte das mit einem sehr netten Brief von Jakimowski zugeschickt bekommen. Wenn man solch einen netten Brief liest, dann hofft man inständig, dass das Buch auch gut ist. Nachdem ich angefangen hatte, zu lesen, habe ich mich sofort in diese einfache, aber poetische Geschichte verliebt. Es passiert ja nicht wirklich viel, der Inhalt wirkt recht unspektakulär, weil es auch nicht viele Handlungsstränge gibt. Aber mich hat die Geschichte gleich berührt, deswegen kann ich sagen, dass man schon beim Lesen des Drehbuchs ein Gefühl dafür bekommen hat, wo die Reise hingehen soll. Da gab es ganz tolle Beschreibungen, die einem einen Vorgeschmack dafür lieferten, was Jakimowski für den Dreh vorhatte. Das Team vor Ort war ebenfalls toll, wir haben permanent mit zwei Kameramännern gearbeitet, die sich die Arbeit geteilt haben, das hat man ja auch nicht alle Tage. Ich finde auch die Musik so schön und die Arbeit unseres Sounddepartments. Da kam ganz viel Tolles zusammen!

Würden Sie soweit gehen zu sagen, dass Ihre eigenen Sinne während des Drehs geschärft worden sind?
In Berlin hat mich die Produktion mit einer jungen Dame bekannt gemacht, die in Berlin lebt und blind ist. Sie hat sich viel Zeit für mich genommen, was ganz fantastisch war. Ich wusste vorher nicht wirklich viel über die Welt der Blinden. Bei unseren Treffen hat sie mir ihre Geschichte erzählt und von ihren Erfahrungen berichtet, aber ich konnte sie dann sogar bei ihrer Arbeit besuchen, und da bekommt man Stück für Stück ein besseres Gefühl dafür, was blinde Menschen leisten und wie es funktioniert, wenn man ohne Sehvermögen durchs Leben geht. Automatisch nimmt man Geräusche intensiver wahr, riechen, tasten, schmecken bekommen eine ganz andere Bedeutung. Aber Edward Hogg und ich waren ohnehin die einzigen nicht blinden Darsteller in diesem Film, und die ganze Zeit von Menschen umgeben zu sein, die diese Blindheit nicht spielen, sondern tagtäglich damit leben, hat unsere Arbeit sicherlich sehr erleichtert.

Wie kommen Sie zu diesen vielfältigen internationalen Rollen – ist das ein Verdienst Ihrer Agenten oder kommen die Regisseure, wie in diesem Fall, aufgrund Ihrer bisherigen Rollen direkt auf Sie zu?
Ich denke, dass es eher Letzteres ist. Europäische Regisseure wissen, dass ich gebürtige Rumänin bin, aber in Deutschland aufgewachsen bin. Ich habe in den letzten Jahren so viele unterschiedliche Nationalitäten spielen dürfen, insbesondere Filme wie „Der Untergang“ oder „Control“ haben sicherlich dazu beigetragen. „Control“ war auch in Polen ein sehr großer Erfolg und einer der ersten Filme, die Andrzej Jakimowski mir gegenüber sofort genannt hat. Das sind Filme, die Regisseure gesehen und an die sie sich erinnert haben, wenn sie vermuten, dass ich richtig sein könnte für eines ihrer Projekte.

Wieso wurde „Imagine“ als polnischer Film eigentlich in Portugal gedreht? War das wegen der Kulisse?
Ja, absolut! Herr Jakimowski hatte die ganze Zeit am Drehort auch seine Frau mit dabei, die die Ausstattung für den Film gemacht hat. Die beiden waren achtzehn Jahre, bevor wir den Film dort gedreht haben, aus privaten Gründen in Portugal. Die ganze schöne Geschichte mit der in Lissabon sehr bekannten Tram 28 und dem Café, in dem Teile der Handlung spielen, sind Elemente aus Jakimowskis privaten Erinnerungen an die Stadt. Das Licht in Lissabon nennt man ja das „weiße Licht“, und es ist tatsächlich so, dass die Lichtverhältnisse in dieser wunderschönen Stadt irgendwie anders sind. Irgendwie strahlt da alles in einem anderen Licht. Deswegen war das ein Wunsch Jakimowskis, dort zu drehen. Aber er wollte das Ganze sowieso bewusst international anlegen, was man auch an der multi-nationalen Besetzung erkennen kann.

Wird das nicht schnell chaotisch, wenn die unterschiedlichsten Nationalitäten an einem Set aufeinander treffen?
Doch, doch (lacht)! Aber ich liebe das, wenn unterschiedliche Temperamente und Mentalitäten zusammenkommen. Bei „Imagine“ bestand das Team zur Hälfte aus Polen und zur Hälfte aus Portugiesen, was natürlich ganz unterschiedliche Mentalitäten sind, aber das hat auch seinen ganz eigenen Reiz. Alles, was die Kommunikation anbelangt, dauerte hier natürlich einen Moment länger, aber das kenne ich auch aus anderen vergleichbaren internationalen Produktionen. Trotzdem ist es am Ende des Tages für alle eine Riesenbereicherung.

Eines Ihrer nächsten Projekte ist der Film „Suite Française“, den Sie mal wieder mit Ihrem Mann Sam Riley zusammen drehen konnten. Ist es schön, wenn sich Beruf und Privatleben bei einem Film miteinander verbinden lassen?
Bei „Suite Française“ haben wir leider keine gemeinsame Szene! Wir waren zwar beide zur gleichen Zeit in Brüssel, aber wir haben an unterschiedlichen Tagen gedreht und hatten an unterschiedlichen Tagen drehfrei. Deswegen haben wir leider nicht zusammen vor der Kamera gestanden. Der große Traum wäre, irgendwann einmal ein richtiges Projekt wie „Control“ wieder zusammen zu drehen, das wäre schon toll. Das würde uns richtig viel Spaß machen, aber das ist als Paar gar nicht so einfach, weil es wichtig ist, dass die Geschichte auch stimmt. Man sollte als Zuschauer schon Lust haben, sich ein Pärchen, von dem man weiß, dass es reell existiert, auch auf der Leinwand anzuschauen. Aber wenn uns solche kleinen Zufälle wie bei „Suite Française“ zusammen an den gleichen Drehort bringen, ist das ganz toll. Der US-Verleiher des Films, Harvey Weinstein, hatte seinerzeit auch „Control“ in Amerika verliehen. In seinem Film „Der Vorleser“ hatte ich auch eine kleine Rolle übernommen und der Kontakt zwischen uns ist nie abgerissen. Hier spielt Sam eine tolle, große Rolle. Ich war schon ziemlich schwanger während der Dreharbeiten, weswegen mein Part eher klein, aber fein ausgefallen ist. Wir haben das trotzdem sehr genossen, uns abends über die gleichen Leute auszutauschen (lacht).

Planen Sie aufgrund Ihrer Schwangerschaft nun eine längere Filmpause oder wird es Sie kurz nach der Geburt schon wieder vor die Kameras ziehen?
Ich bin derzeit sehr gespannt und wir werden von Tag zu Tag immer aufgeregter! Soweit kann ich im Moment noch gar nicht denken. Ich glaube auf keinen Fall, dass es mich kurz nach der Geburt wieder irgendwohin zieht. Das wird alles sicherlich seine Zeit brauchen, und ich glaube auch, dass ich ziemlich sicher gerne Zeit zuhause verbringen werde. Ich habe in der Tat schon ein, zwei schöne Anfragen für die zweite Jahreshälfte 2014, und wer weiß, vielleicht ist das dann schon wieder denkbar. Aber im Moment kann ich nur so richtig von einem Tag zum nächsten denken.

Gibt es Rollen oder Zusammenarbeiten, die Sie noch besonders reizen würden?
Für mich ist mit der Rolle in „Imagine“ ein so großer Traum in Erfüllung gegangen! Ich fühle mich beschenkt, dass ich in so vielen Sprachen arbeiten kann, damit hatte ich als junge Schauspielstudentin natürlich überhaupt nicht gerechnet! Mir macht das unheimlichen Spaß, und ich bin so glücklich, dass ich so breit gefächerte Sachen machen darf. Ich spiele in Independent-Filmen genauso wie jetzt in einem so großen Film wie „Rush“, das könnte nicht schöner für mich sein. Aber ich würde mir mehr solch tolle Rollen wie in „Imagine“ wünschen, denn ich habe immer das Gefühl, dass in Deutschland nach wie vor mehr herausragende Rollen für Männer als für Frauen existieren. Ich wünsche mir, dass die Zukunft noch schöne Herausforderungen für mich bereithält!

Interview: Frank Brenner

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