Am Anfang könnte man meinen, da stünde ein Professor wie aus dem Bilderbuch auf der Bühne, der sich verlaufen hat und eigentlich in den Hörsaal gehört. Ein in Jackett gekleideter, weißhaariger Mann, der gleich mit seinem Vortrag beginnen wird und mittels PowerPoint-Präsentation Formeln oder anderen ähnlich trockene Stoff vermitteln will. Doch wie Sie bereits ahnten, davon sind wir meilenweit entfernt. Feucht fröhlich, im wahrsten Sinne des Wortes, geht es bei Jürgen Beckers „Volksbegehren“ auf der Bühne zu.
Den Fragen nach dem Sex ist Becker dicht auf den Fersen: Wie geht das alles, wozu führt er und wieso machen wir das überhaupt? Und was für eine Rolle spielt dabei die Fortpflanzung? Becker stellt schnell fest, dass das bei uns Menschen alles deutlich komplizierter ist als beispielsweise bei den Tieren. Als Beispiel dient die Blattlaus. Diese habe es leicht. Denn das Blattlausweibchen, brauche gar kein Männchen und habe sich nicht mit den allseits bekannten Fragen auseinanderzusetzen. Statt „Zu mir oder zu dir?“ frage sie bloß: „Zu mir oder zu mir?“
Doch wie schaut es aus mit den existenziellen Fragen? Mit dem Sex ist es ein bisschen wie mit der Religion, meint Becker: „Sex und Religion stellen nämlich genau die gleichen Fragen immer und immer wieder: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wo gehen wir heute Abend hin?“ All das untersucht er aufs Genaueste und hält dabei kein Blatt vor den Mund. Ob er das von den Blattläusen hat? Auf seinem ganz eigenen Mist gewachsen ist jedenfalls sein unschlagbarer Humor, verbunden mit einer Stringenz, der man sich, ist man erst einmal dabei, nicht mehr entziehen kann.
Existenzielle Fragen kreisen natürlich auch um das Thema Tod. Es ist bitter, doch schrecklich schmerz- und scherzhaft stellt Becker fest: „Tot in Köln ist teurer als lebendig im Emsland.“ Was könnte man dem noch entgegensetzen? Untermalt werden Beckers Feststellungen mit Bildern aus der Kunst, Malereien, Werbeplakaten, Fotografien und vielem mehr, was über eine Präsentation läuft und nicht besser ausgewählt und abgestimmt hätten sein könnte.
Vor allem bei den politisch -abarettistischen Themen, die Becker anspricht, kann man nur staunen, was da für schmucke Bilder zum Vorschein kommen. Ob in der Politik oder anderswo, eines steht für Becker auf jeden Fall fest: „Single-Frauen haben mehr Sex als Ehefrauen. Das liegt daran, dass die Single-Frau nach Hause kommt, in den Kühlschrank guckt und sich dann ins Bett legt. Die Ehefrau kommt nach Hause, guckt ins Bett und geht dann an den Kühlschrank!“ Da ist es „ein Glück, dass die CSU die Frau nicht mehr mit der Kette an die Küche binden will. Die Kette soll bis in den Garten reichen.“
Jürgen Becker: Volksbegehren
Mo 28.10. 20.15 Uhr | Senftöpfchen Theater | 0221 258 10 58
Di 5.11. 20 Uhr | Pantheon Bonn | 0228 21 25 21
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