Tanzende Teller, ein Schluckauf, der zum Fuß wandert, geschwätziges Geschirr, ein delikater Eiertanz. Nach dem großen Erfolg ihres Kinderstücks „Kopffüßler“ befasst sich die Kölner Choreografin Barbara Fuchs in „Mampf“ mit dem Essen und seinen Ritualen. Gemeinsam mit ihrem kleinen und allerkleinsten Publikum wird geschluckt, geschnuppert, genossen, verzehrt, geknabbert, gelauscht und verdaut. Tanztheater für Babys und Kleinkinder zwischen 0 und 4 Jahren? Geht so etwas überhaupt? Ein Publikum quengelnder, mit sich selbst beschäftigter Kiddies? Von wegen. Selten erlebt man die Kleinsten so aufmerksam, so gefesselt wie bei den eigens für sie inszenierten Stücken.
Da kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Nicht nur, wie einfühlsam und fantasievoll die Kinderstücke mit Titeln wie „Frierschlotterschwitz“ und „Mampf“ (Barbara Fuchs) oder „Seelenvogel“ und „Königin der Farben“ (Sabine Seume) die Kleinsten und Kleinen ansprechen, sondern auch wie diese Stücke vom denkbar jüngsten Publikum mit großen Augen aufgenommen werden. Und wenn sich die kleinen Zuschauer zum Schluss auf der Bühne auch noch selbst austoben dürfen, ist ihre Welt ohnehin in Ordnung.
Doch natürlich steckt mehr dahinter. In Zeiten von PISA mit seiner Betonung berufsrelevanter skills bedarf es dringend eines Gegenpols, der die kreativen Fähigkeiten von klein an fördert. Kein Wunder also, dass Barbara Fuchs mit ihren Stücken außergewöhnlich erfolgreich ist und europaweit tourt. Mit 86 Vorstellungen im letzten Jahr steht sie an der Spitze aller freien Tanzensembles in NRW. Fuchs: „Die Bühnen entdecken die Kleinsten als Zielgruppe, aber es wird wenig qualitativ Gutes angeboten.“ Auch die Düsseldorfer Choreografin Sabine Seume widmet sich seit langem dem Tanztheater für Kinder und Jugendliche. Beim NRW-Festival Meeting Neuer Tanz präsentierte sie bereits 2001 mit „Sechs sind Eins“ erfolgreich ein Kinderstück. Unbestrittene Pionierin des Kindertanzes ist zweifellos die Kölner Tanzpädagogin Gisela Peters-Rohse.
Seit fünf Jahrzehnten ist sie trotz ihres fortgeschrittenen Alters im In- und Ausland unermüdlich unterwegs, ihr Wissen und ihre Methode weiter zu geben, damit schon Vorschulkinder die Kraft der Bewegung erfahren. Längst ist nachgewiesen, dass rhythmisches und tänzerisches Spielen nicht nur die gesamten motorischen Fähigkeiten entwickelt, sondern auch soziale und geistige Kompetenzen gefördert werden. Mit der inzwischen bundesweiten Initiative „Tanz in Schulen“, deren Anfänge in NRW liegen, hat der Tanz mit und für Kinder und Jugendliche noch einmal einen deutlichen Schub erhalten. Präsentiert werden die in Schulen und Jugendprojekten entwickelten Stücke auf der eigens vom NRW-Landesbüro Tanz geschaffenen jungen Tanzplattform „dynamo“. Vorreiter aber ist das am Tanzhaus NRW in Düsseldorf etablierte Take-Off-Festival Junger Tanz. Bereits zum siebten Mal werden vom 26. Januar bis 14. Februar Tanzproduktionen mit und für Kinder und Jugendliche präsentiert. Erwachsene sollten sich nicht abhalten lassen: Es ist ein Programm für alle Altersklassen.
Das ganze Programm unter
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