Samstag, 26. August: Kopenhagen war in den 60er Jahren neben London, Paris und Amsterdam eine der führenden Jazz-Cities in Europa. Unter anderem lebten die berühmten amerikanischen Tenorsaxophonisten Ben Webster und Dexter Gordon einige Jahre dort. Nun hat der dänische TV-Journalist Janus Køster-Rasmussen eine Filmdokumentation über die beiden erstellt, die beim Musikfilmfestival „See the Sound“ im Innenhof der Fritz Thyssen Stiftung Deutschland-Premiere feierte. „Es gab bislang nur Fotobücher. Ich habe mich gewundert, dass noch keine Story über die beiden gemacht wurde. Ihre Geschichten geben sehr viel her“, berichtet uns der Regisseur von „Cool Cats“. „Beide wollten nur für einige Gigs bleiben. Gordon lebte dann fünf, Webster acht Jahre in Kopenhagen.“ Der Film beginnt bei Birgit Nordtorp, der ehemaligen Freundin von Ben Webster. „Zuerst wollte sie kein Interview geben“, erzählt Køster-Rasmussen. „Nach mehreren Anfragen durfte ich kommen. Sie lud mich ein, mit Kamera wiederzukommen. Mein Kameramann kann gut mit alten Damen und reparierte ihren VHS-Rekorder. Da war der Bann gebrochen. Zum Abschied holte sie etwas vom Dachboden: Bens 8 mm-Kamera mit dreieinhalb Stunden Filmmaterial. Da wussten wir, dass wir die Doku machen konnten.“
Für Ben Webster wie für Dexter Gordon war Kopenhagen ein Paradies. Beide hatten in den USA harte Zeiten hinter sich: Ben neigte zu Alkohol und Jähzorn. Er hatte sich mit Duke Ellington verkracht, tingelte durchs Land und suchte neue Jobs. So kam er nach Europa. Dexter war drogensüchtig und hatte in New York sogar im Gefängnis gesessen. Im liberalen Dänemark bekam er Ersatztherapie. „Beide wurden hier sehr gut bezahlt. Als schwarze Jazzmusiker waren sie in Kopenhagen etwas besonderes, die Mädchen rissen sich um sie. Und es gab keinen Rassismus“, erklärt der Filmemacher. Alte Aufnahmen zeigen Ben Webster bei fröhlichen Ausflügen mit Freunden, Dexter Gordon beim lässigen Spaziergang durch die Hauptstadt. Vor allem zeigen sie anrührende Ausschnitte aus Livekonzerten im Jazzclub Montmartre. Während Gordon mit seinem voluminösen, geschmeidigen Klang begeisterte, verzauberte Webster mit seinem fast nur noch gehauchten Ton mit breitem Vibrato.
Worauf sich der Titel „Cool Cats“ beziehe, wollen wir wissen. „Zum einen ist es ein Szenebegriff für gute Jazzmusiker. Zum anderen war Webster oft im Zoo und hat Löwen, Tiger und Panther gefilmt. Es ist eine Metapher für ihr Schicksal: Sie sind imposant und gefährlich zugleich. Wie nah kann man ihnen kommen? Der Redakteur wollte die Tiere rausschneiden – ich habe mich geweigert“, erinnert sich Køster-Rasmussen. Im Film werden die Tieraufnahmen zum Symbol für das Gefühlsleben des beiden. Tatsächlich zeigt die Doku auch menschliche Abgründe: Ben Webster trinkt trotz Geld, Wohnung, Freunden ständig Alkohol und stirbt schlussendlich an den Folgen. Dexter Gordon kämpft jahrelang gegen seine Drogensucht und kehrt schließlich in die USA zurück, wo seine Karriere nochmals einen Aufschwung nimmt. Für ihn verkörpert der Blues das Auf und Ab des Lebens. In „Cool Cats“, der bereits auf mehreren Filmfestivals weltweit gezeigt wurde, wird auch seine tiefe Einsamkeit spürbar. So gesteht er in einem Interview: „My life is music, my love is music.“
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