Der Terminus „Weltmusik“, ein attraktiver und marktfähiger Sortierbegriff lebendiger Musik, hat Konjunktur. Kein Musikfestival will auf die bunten Accessoires exotischer Bands verzichten, auf die legendären Mamas und Papas an Mikrofon und Instrumenten, für die immer schon Musik und Rhythmus das Leben abbildeten, sei es in Trauer oder im Freudentanz. Und auch ein Feuerwerk an Perkussion, oft am menschlichen Herzschlag orientiert, darf nicht mehr im jährlichen Kulturangebot fehlen: Sowohl in der breitenwirksamen Kulturarbeit als auch auf philharmonischem Parkett lassen Musiken der Völker die Herzen des volksmusikentfremdeten Normaldeutschen höher schlagen. Vielleicht liegt auch darin der Reiz dieses internationalen Besuchs: dass dieser so gar keine Probleme zu haben scheint, sein erdiges und ursprüngliches Volksgut mit geöffnetem Herzen und aus vollem Halse zu singen, zu posaunen oder trommeln.
„Weltmusik“ im umfassendsten Sinne bilden jetzt die Stadt Gelsenkirchen und ihre jüdische Gemeinde ab in ihrem mehrwöchigen Festival „Klezmerwelten“ ab. Musik begleitete traditionell alle herausragenden Ereignisse eines jiddischen Lebens, und dem wird dieses Festival gerecht: Es gibt Filme, Vorträge, eine Schabbat-Feier und eine typische Hochzeit, dazu natürlich viele Konzerte aus der ganzen Welt. Internationaler als beim Klezmer-Fest kann es nicht zugehen, die Bands und Gruppen reisen aus New York, aus dem Baltikum, aus Odessa, aus London und sogar aus Bayern nach Gelsenkirchen, um diese einzigartige Weltmischung traditioneller jüdischer Musik in einem „Melting Pott“ zu verrühren. Mehrfach wird auch der Gelsenkirchener Klarinettist Norbert Labatzki aktiv, der seine musikalischen Aktivitäten schon früh und sehr erfolgreich der Klezmer-Musik gewidmet hat. An vielen verschiedenen Orten treten die Künstler auf, deshalb muss sich der Musikfreund selbst eine Übersicht verschaffen.
Einfacher haben es da die Liebhaber der legendären Band „Madredeus“, die nur den Weg ins Dortmunder Konzerthaus oder in die Kölner Philharmonie finden müssen. Im Dortmunder Konzerthaus setzt die portugiesische Kultband den Startschuss für ein ganzes Abo zur Weltmusik, das Konzerthaus ist ja seit Langem aufgeschlossen für alle möglichen Events. Die Melange der Südeuropäer aus Fado, Pop und Klassik entstand bereits vor 25 Jahren, damals probten die meist klassisch geschulten Musiker in einem Kloster in Lissabon, dem „Madredeus“ im Stadtviertel Xabregas. Unsterblich wurde ihre Musik durch die Wim-Wenders-Stadthommage an Lissabon, damals Kulturhauptstadt, wozu sie den Soundtrack lieferten und in der sie auch selbst auftraten. Dass es sich hier um ein folkloristisch inspiriertes Kunstprodukt handelt, stellte der Gründer Pedro Ayres Magalhães, der auch heute noch als Gitarrist mitreist, selbst fest. Magalhães: „Es ist klassische portugiesische Musik, wie sie nur noch nie zuvor gespielt wurde.“
„Klezmerwelten“ in Gelsenkirchen I 13.-31.10. I 0209 169 91 06 I www.klezmerwelten.de
„Madredeus“ I Sa 20.10. in Köln/27.10. in Dortmund I www.madredeus.com
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Lachen durch Tränen
Gelsenkirchen setzt auf jüdische Kultur – Improvisierte Musik in NRW 10/19
Traditionell und innovativ
Die Klezmerwelten 2017 in Gelsenkirchen stehen unter Dampf – Improvisierte Musik in NRW 11/17
Mehr als Musik
Gelsenkirchens Klezmerwelten lassen Kultur erleben – Improvisierte Musik in NRW 10/15
Rolling Stones des Klezmer
The Klezmatics spielten im Rahmen der „Klezmerwelten“ in der Kaue Gelsenkirchen – Musik 10/12
Das Gefäß des Liedes
Start von Klezmerwelten 2012
Nordisches Spitzenprodukt
Rymden am Theater Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 10/24
Experimentell und innovativ
3. New Colours Festival in Gelsenkirchen – Improvisierte Musik in NRW 09/24
Immer eine Uraufführung
4. Cologne Jazzweek – Improvisierte Musik in NRW 08/24
Ein Abend für den Duke
Jason Moran und die hr-Bigband in Duisburg – Improvisierte Musik in NRW 07/24
Musikalische Eröffnung der EM
Bundesjazzorchester mit Tom Gaebel in Dortmund und Köln – Improvisierte Musik in NRW 06/24
Verschiedene Welten
Drei Trompeter besuchen das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 05/24
Besuch von der Insel
„Paul Heller invites Gary Husband“ im Stadtgarten – Improvisierte Musik in NRW 04/24
Pure Lust an der Musik
Das Thomas Quasthoff Quartett im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 03/24
Kleinstes Orchester der Welt
„Solace“ in der Friedenskirche Ratingen – Improvisierte Musik in NRW 02/24
Mit zwei Krachern ins neue Jahr
Jesse Davis Quartet und European All Stars in Köln – Improvisierte Musik in NRW 01/24
Sturmhaube und Ballonmütze
Gregory Porter in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 12/23
Balladen für den Herbst
Caris Hermes Quintett in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 11/23
Wonnemonat für Fusionfans
Drei E-Gitarren erobern das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 10/23
Funk und Soul mit fetten Sounds
„Tribute To Curtis Mayfield“ in der Kölner Philharmonie – Improvisierte Musik in NRW 09/23
Das Trommel mal ganz vorne
„Schlagzeugmarathon“ in Essen – Improvisierte Musik in NRW 08/23
Bird with Strings
Karolina Strassmayer in Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/23
Tüchtige Kellerkinder
Subway Jazz Orchestra feiert zehnten Geburtstag – Improvisierte Musik in NRW 06/23
John Scofield allein zu Haus
Der große Gitarrist in Oberhausen – Improvisierte Musik in NRW 05/23
David Murray auf Hochtouren
„International Jazz Day“ auf Burg Linn – Improvisierte Musik in NRW 04/23
Es klingelt das Vibraphon
Wolfgang Lackerschmid im Jazzkeller Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 03/23